"Ich fahr Benz, trag Armani, die Zeit zeigt meine Rolex und meine Gäste mache ich mit meiner
chromblitzenden Burmester-Anlage neidisch."
Zugegeben ein wenig plakativ; aber man kann wohl davon ausgehen, dass ein Großteil der Highend-Branche
durch solche Kunden am Leben gehalten wird, für die sich High End - wie bei anderen Prestige-Produkten auch -
vor allen Dingen über das Image definiert. Auf der alljährlichen High End Messe gibt es hierfür
viele Beispiele zu sehen.
Auf der anderen Seite dürfte es insbesondere den ernsthaft an highfideler Musikwiedergabe Interessierten
(und dabei mit dem notwendigen Kleingeld ausgestatteten) "Highender" Schwierigkeiten bereiten, sich
unabhängig zu informieren und auf dem (auf den ersten Blick sehr unübersichtlichen) Markt das Richtige
für sich zu finden.
Leider ist nicht selten zu beobachten, dass sich insbesondere die über journalistische Meinungsmache
protegierten "Testsieger", die oft zeitgleich mit dem Testsieg in den Zeitschriften des entsprechenden
Verlags großzügig beworben werden und über den Vertrieb schon bei "teilnehmenden" Händlern stehen,
über tonale Schwächen verfügen.
Diese Schwächen werden dann dank entsprechender Vorkonditionierung als besonderes Auflösungsvermögen, Spritzigkeit
oder Dynamik verkauft/empfunden. Im Zweifel gilt die Aussage: "Das hat es zu diesem Preis/in dieser Qualität noch nicht gegeben
(und wer das nicht hört, kennt sich halt nicht aus)." - So oder ähnlich soll es uns potenziellen Kunden
zumindest eingeredet werden.
Mit entsprechendem zeitlichen Abstand darf man dann allerdings auch schon einmal in der Fachpresse
lesen, dass z.B. die Vorgängerin einer Focal Utopia mit ihrer progressiven Abstimmung ein wenig hell,
"zickig" und auf Dauer nervig und ermüdend klang - jetzt wo der neue Beryllium-Hochtöner diese Nickeligkeiten
ausbügelt. Oder man liest, dass der scheidende Aluminium-Hochtöner der 800er Serie (Nautilus) von B&W im Vergleich
zum neuen Diamant-Hochtöner ein wenig "ordinär" klang.
Verständlich, dass sich ehemalige Testsieg- und Referenz-Käufer nun in Leserbriefen darüber brüskieren,
so könne man über deren teure Anschaffungen nicht schreiben.
Dass ein bekennender Mercedes-Fahrer sich nicht über einen im Vergleichstest siegenden BMW freut und
umgekehrt beruht da sicher auf der gleichen Psychologie.
Vor diesem Hintergrund muß sich der ein oder andere Highender fragen:
Was will ich eigentlich? Einen Testsieger fürs Stammtischgespräch (meiner hat Mehr-PS... Pardon,
-Transistoren), oder einfach nur hedonistisch und entspannt Musik hören?
Dem Leser, der die z.T. verklärenden Zeilen bis hierhin durchgehalten hat, wird spätestens jetzt klar
sein, dass sich diese Homepage an diejenigen richtet, die Letztgenanntes suchen.
Anmerkung:
Damit kein falscher Eindruck entsteht:
Der Autor kann bestätigen, dass die 800er Serie von B&W gute Lautsprecher sind. Der hohe
Verbreitungsgrad als Testsieger in Zeitschriften und bei Händlern, beruht dann wohl trotzdem eher auf bereits
angedeuteter erfolgreicher internationaler Marketingarbeit, die mit hohem Aufwand ein echtes Markenprodukt
mit schier unzerstörbaren Renommée geschaffen hat.
Ja; und auch mit einer verchromten oder vergoldeten Burmester-Anlage kann man ganz anständig Musikhören. Unter dem Begriff Preis-Leistung sollte einem aber in diesem Zusammenhang klar sein, dass hier mit Leistung eher weniger die Wiedergabequalität als der neidvolle Blick des Nachbarn zu verstehen ist.
Die folgenden Beispiele sind (nicht) frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder real
existierenden Marken sind rein zufällig und entstammen ausschliesslich der Fiktion des Autors:
Eine gute Geschäftsidee ist es sicherlich - nachdem man sich in der Fachpresse einen gut beleumundeten
Namen gemacht hat und im Handel entsprechend vertreten ist - einen Teil seiner Produkte von einem preisgünstig
produzierenden "Wettbewerber" aus einem Billiglohnland (z.B. China) liefern zu lassen. Praktisch wenn der dann
noch im Auftrag die edle Front (samt Label) der deutschen Edelschmiede appliziert und nach Deutschland im
Originalkarton (des deutschen Vertriebs selbstverständlich) verschifft. Dann kann man locker einige 100 Prozent
auf den eigentlichen Einkaufspreis aufschlagen; in den Bestenlisten der deutschen Fachpresse wird das Produkt
dann immer noch als preiswert geführt werden können.
Keine Sorge wenn Internetforen oder gut informierte Kunden auf derartige "flexible" Entwicklungs- und
Produktionsstrategien aufmerksam werden. In solch einem Fall kann man immer noch darauf verweisen, dass das Produkt
"engineered in Germany" ist und nur in China nach strengen Vorgaben produziert wird - was mittlerweile ja ohnehin viele
tun, um Kosten einzusparen.
Stimmt! Und prinzipiell ist dies ja auch nicht verwerflich. Dann aber bitte offen und ehrlich (wie z.B. NAD) und den Einspareffekt
an den Kunden weiterreichen. Highend-Produkte sind entgegen dieser Entwicklung allerdings in den letzten Jahren
deutlich teurer geworden. Und nur weil ein größeres oder zweites Netzteil und ein paar "bessere" Elkos drin sind
(HK von einigen Euros) steigen die Kosten nicht in 1000-Euro Schritten.
Und als enormen Entwicklungsaufwand lassen sich diese Bauteileänderungen auch nicht verkaufen.
In die gleiche Kategorie (wie oben Geschildertes) fallen häufig auch sog. Upgrades, Special Editions
oder Nachfolgeprodukte. Ein paar Beispiele:
Zweifellos ist eine gute (und überdimensionierte) Spannungsversorgung dem guten Klang förderlich (s. auch
"Gerätetuning" - noch nicht online).
Warum ein Ringkerntrafo umgeben von einer handvoll auf einer Platine gelöteter Elkos (in einem separat anzuschliessenden
Gerät besonders eindrucksvoll) gleich dem Verkaufspreis des Basisgerätes entspricht, bleibt aus Kundensicht wenig verständlich. Der
Interessierte kann sich den "Spass" machen und die Bauteilkosten zu den eher ungünstigen Endverbraucherpreisen
nachkalkulieren!
Viel günstiger als eine Neuentwicklung, aber bei richtigem Marketing mindestens genauso gewinnversprechend, ist die
Überarbeitung/Modifikation (MK) oder auch "Special Edition" eines bereits etablierten Produktes.
Hierzu gehört oft nicht viel. Ein schöneres Gehäuse bei Lautsprechern ist da oft
noch der kostentreibenste Faktor. So genügt häufig der Griff zum nächst höherwertigen Hochtöner vom Lieferanten (der bis
dato dem edlen Lautsprecher verwehrt geblieben ist) und einem "eigens für diesen Lautsprecher entwickelten" und
"sündteuren" Hochpaß-Kondensator - hier können wirklich schon einmal zweistellige Eurosummen fällig werden.
Für das Ergebnis kann man dann allerdings gut und gerne 3- oder 4-stellige Aufpreise nehmen.
Als Journalist der Fachpresse müssen zu jeder neuen Ausgabe die "relevanten" Testberichte druckfertig
sein; ob es die Zeit oder Lust an dem zu testenden Produkt nun zulässt oder nicht. Vor diesem Hintergrund ist
folgendes (rein hypothetisch) vorstellbar:
Ein Lautsprecherpärchen geht taufrisch und originalverpackt zu eben diesem Verlag. Hier wird eine
punkte- oder prozentgenaue Einstufung im Bestenlisten-Umfeld erzeugt und die Klangeigenschaften werden später in
vollmundigen Worten nachzulesen sein. Danach geht das Päarchen in seinen zwei Versandkartons wieder auf Reise
zu seinem nächsten Bestimmungsort: Einem Fachhändler. Dieser Händler findet einen bereits ausgepackten
und einen noch originalverpackten (verschweissten) Lautsprecher vor.
Vielleicht wurde zuvor nur ein Mono-Test gemacht?
Oder doch nur das obligatorische Foto für die Zeitschrift?
Entgegen obiger Vorstellung, sind allerdings auch sehr eifrige Fachjournalisten vorstellbar, die bei
einem genauen Produktvergleich feststellen, dass das kleinere Schwestermodell dem größeren des gleichen
Herstellers überlegen ist. Als Testergebnis das Todesurteil für das teurere Modell, was sich aber noch eine Weile verkaufen
lassen muss, bis es auch durch eine überarbeitete und evtl. bessere Version ersetzt wird.
Kein Problem. Man kennt sich schliesslich in der Branche. Kurze Abstimmung zwischen Hersteller und Fachpresse und bzgl.
der Einstufung in der Bestenliste ist die Hifi-Welt wieder in Ordnung.
Folgender Dialog hätte auf der High End Messe in München typisch sein können:
Lokaler Händler zu noch nicht etabliertem Hersteller: "Haben Sie schon einen Testsieg?"
Hersteller: "Nein."
Händler: "Bekommen Sie bald einen Test?"
Hersteller: "Bisher ist noch keiner in Aussicht."
Händler: "Kein Interesse (an Ihren Produkten)."
Anmerkung d. Autors: Leider sind (zu Unrecht) unbekanntere Hersteller bei Händlern oft
nicht vertreten. Auch die High End Messe macht hier kaum rühmliche Ausnahmen. Unter
High End Messeberichte und z.T. unter den Hörberichten und unter
Links kann man hier etwas über einige Ausnahmen lesen, die erwähnenswert sind.
Ohne im Duden nachgeschlagen zu haben, kann man wohl im Bezug auf Musikreproduktion Folgendes sagen:
Eine möglichst naturgetreue Musikkonserven-Wiedergabe nach aktuellem Stand der Technik (, die keinen
nennenswerten Sparzwängen unterlegen ist).
Natürlich impliziert dies einen gewissen finanziellen Aufwand, da Highend nicht beim Discounter
zum Geizpreis zu haben ist (s.a. Hifi-Dilemma).
Allerdings kann z.B. ein Kammermusik-Liebhaber oder Jazzfreund mit einem Faible für minimalistische
Einspielungen mit einem feinem Röhrenverstärker an einem tonal und rhythmisch richtig spielenden 2-Wege-
Monitor durchaus dem Highend-Anspruch näher sein, als jemand, der vor seinen mannshohen 4-Wege-Lautsprecher
eine Batterie von Monoendstufen "geschnallt hat" und bei dem dann partout keine richtige Musik im Zimmer
erklingen will, sondern nur laute Töne.
Um beim Bild aus Hifi-Dilemma zu bleiben:
Der Highender hat den Bordeaux Grand Cru Classe gegenüber der Cola als das genußversprechendere Mittel erkannt, greift
aber trotzdem häufig vorschnell zu einem allgemein gut beleumundeten Markenprodukt, das sich dann als
lieblos "assembliert" herausstellt, anstatt nach dem edlen unbekannten großen "Wein" zu suchen.
Auch hier kann man nur immer wieder empfehlen:
Geschmack und Ohren schulen und auf Entdeckungsreise gehen - es lohnt sich!
Interessante "Erkenntnisse" von Walter Fuchs aus "dem Pott" gibt es auf seiner Seite Volpe. Hier auch mal von einem, der von der Technik (hinter den Kulissen) wirklich was versteht.