Update: Sommer 2008
Neben der guten Klangqualität und der direkten iPod-Steuerung, bietet das 9887R einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Radios: Der (automatisch einmessende) Soundprozessor - von Alpine "Imprint" genannt - ist bereits im Radio enthalten. Er muss nicht teuer über zusätzliche Prozessorgeräte nachgerüstet werden.
Bild 1 und 2: Während des Begrüssungsrituals auf dem gut ablesbaren BioLite Display (Bild 1) erscheint auch ein Hinweis auf die Einmesstechnik "Imprint" (Bild 2). Links oben im Bild 2 ist zudem der kleine Hinweis auf die Verwendung der MultEQ Technologie von Audyssey Labs zu erkennen.
Einmessung
Mit der Anschaffung des Alpine KTX-100EQ Mess- und Kalibrierset inklusive Messmikrofon eröffnet sich dem ambitionierten Hobby-Car-Hifi-Fan sicher eine interessante Spielwiese. Ich habe die einmalige Einmessung indes wieder den Profis von car akustik in München Schwabing überlassen. Hierbei wird automatisch über mehr als 500 Frequenzmesspunkte mit Hilfe invertierter Filter der Frequenzgang glatt gebügelt. Im Weiteren finden Laufzeitmessungen über sogenannte Sweeps (also kurze Impulse) statt.
Die Zahl der Messpunkte klingt auf den ersten Blick sehr gross. Wer allerdings einmal mit einem Messystem bewaffnet und mit Hilfe einer begrenzten Anzahl an manuell einstellbaren parametrischen (oder noch ungenauer: grafischen) Equalizern versucht hat Frequenzgangungenauigkeiten auszugleichen, weiss wie schwer dieses Unterfangen ist. Oft erreicht man sogar genau das Gegenteil von dem, was man sich erhofft: Um beispielsweise eine schmalbandige Senke anzuheben, regelt man (meist zwangsläufig) zu breitbandig den gesamten "umliegenden" Bereich hoch und vergrauselt sich die Tonalität hierdurch erst so richtig. Überhöhungen fallen meistens unangenehmer auf als kleine Senken. Manuell lassen sich mit dem 9887R zwar 6 parametrische Equalizer einstellen und auch deren Güte kann in den Bandbreiten 1, 1,5 und 3 angepasst werden; im Vergleich zur automatischen Einmessungen mit ihren 500 Messpunkten nimmt sich das allerdings immer noch relativ grobschlächtig aus. Andererseits war ich mit der reinen gehörmässigen Einstellung dieser 6 Punkte samt Güte schon gut beschäftigt. So konnte ich auch die bereits erläuterten Probleme mit der ungenauen Bekämpfung von Senken und Überhöhungen feststellen. Ein häufiges manuelles Hin- und Herregeln ist die Folge, wobei immer das ungute Gefühl "mitfährt" tonal noch nicht komplett ausgewogen unterwegs zu sein. Das sollte durch die klugen Algorithmen von Audyssey nun besser werden.
Bevor ich mich nun weiter textlich (und eher grobschlächtig) über die Wirkungsweise der MultEQ Technologie auslasse, verweise ich lieber auf die Hersteller Informationen von Audyssey und ein nettes animiertes Filmchen auf der Alpine Seite. Anschaulicher kann ich die Technologie hier sicher nicht erklären...
In der Praxis gilt es bei der automatischen Einmessung einzig mit der Mikrofonposition im Fahrzeug zu spielen, bzw. mehrere Positionen bei der Einmessung zu berücksichtigen und danach zu entscheiden, ob einem die automatisch erzeugten Korrekturen, die auf das 9887R aufgespielt werden, auch zusagen.
...als Home-Hifi-High-Ender wagt man es kaum zu sagen: Aber eigentich ist das Klangbild nach erfolgter Einmessung genau das, wovon wir sog. High-Ender immer träumen: Die Breitbandigkeit und tonale Ausgewogenheit eines sehr linearen 3-Wege-Systems gepaart mit der Zeitrichtigkeit und Impulsgenauigkeit eines Breitbänders.
Bild 1: Nach einem Blick auf das unscheinbare Knöpfchen "MultEQ" (roter Pfeil) spielt die Anlage wie ausgewechselt.
Bild 2: Die Bestätigung auf dem Display (Bild 2) braucht es eigentlich gar nicht - so deutlich ist der Unterschied.
Was in der meist noch passiv beschalteten Home-Hifi-Welt einen unauflösbaren Zielkonflikt darstellt, ist dank leistungsfähiger Rechner und ausgebuffter Algorithmen möglich: Während auf der einen Seite die Frequenzweichen von Mehrwege-Passiv-Lautsprechern, die zeitkohärente Abstrahlung aller Frequenzen durch die unterschiedlichen Chassis (Hoch-, Mittel-, Tieftöner) vereitelt; und auf der anderen Seite selbst schrankgrosse Breitbänder-Hörner die Frequenzenden nur unzureichend wiedergeben (wobei es auch beim Rest des Spektrums nicht gut um die Linearität bestellt ist) macht all dies die prozessor-optimierte Aktivansteuerung von Mehrwege-Systemen möglich.
Mehr noch, durch das sehr präzise (mehr als 500 Korrekturpunkte) Ausnivellieren des Frequenzgangs, wird zudem auch der Bass entzerrt. Sprich: Ein Subsonicfilter (das Vermeiden zu tiefen Frequenzen für das System Verstärker-Lautsprecher) und eine gleichzeitige Tiefbassanhebung und -Entzerrung (Linearisieren des Raumeinflüsse) sind ebenfalls möglich.
Kleiner Exkurs: Was ist eine Tiefbassanhebung?
Bei Passivsystemen ist der realisierbare Tiefgang durch die Parameter des Chassis und das Gehäusevolumen, sowie das Gehäusekonzept (geschlossen, Bassreflex o.ä.) begrenzt. Hebt man den physikalisch noch darstellbaren Tiefbass zu den Frequenzen an, die systmbedingt nur mit schon stark abgefallenen Pegel wiedergegeben werden, lassen sich noch ein paar Hertz mehr Tiefbass auch aus vergleichbar kleinen Lautsprechern kitzeln. Begrenzt wird der Tiefgang und der Pegel dann durch die verzerrungsfreie Leistungsgrenze des Verstärkers und den maximalen Hub des Tieftonchassis.
Bisher genanntes gilt gleichermassen für Home- als auch Car-Hifi-Anwendungen. Im Home-Hifi-Bereich überwiegen mit deutlicher Mehrheit die Passivlösungen, während im gehobenen Car-Hifi-Bereich Aktiv-Systeme schon lange üblich sind. Durch immer leistungsfähigere Prozessoren nimmt zudem die Qualität von Equalizing und Zweitkorrektur zu. Worauf wartet man im Heim-Hifi-Bereich eigentlich noch?
Für den Car-Hifi-Bereich ist besonders erwähnenswert, dass hier die Vorteile der beschriebenen Aktiv-Systeme voll zum Tragen kommen. Während bei Home-Hifi, durch ausreichend grosse Lautsprechergehäuse und auf einer Ebene verbauten Chassis von Mehrwegesystemen; das klangliche Ergebnis hinsichtlich Tonalität, Breitbandigkeit und Zeitrichtigkeit annehmbar ist, sind die Voraussetzungen im Fahrzeuginnenraum für Passivsysteme deutlich schlechter. Die Lautsprecher-Chassis sind dort verbaut, wo noch Platz zu finden war und spielen auf mehr oder minder gut definierte, schalldichte (?) und bedämpfte Gehäusevolumen, die ihrerseits oft fleissig mitschwingen. Der Laufzeitunterschied der einzelnen Wege zum Ohr des Fahrers ist oft beträchtlich und im Stereodreieck sitzt sowieso niemand (BMW F1 McLaren einmal ausgenommen). Die Schallausbreitung ist durch den Innenraum und insbesondere die Sitze gestört. Weiche Materialen (zb. Polsterflächen) schlucken bestimmte Frequenzen, während harte Flächen (zb. Fenster) stark reflektieren. Tiefbass-Wellenlängen können sich im kleinen Innenraum ohnehin nicht ausbreiten - hierzu bräuchte es schon einen Linienbus. Echtem Hifi sind also viele grosse Steine in den Weg gelegt. Unter diesen ungünstigen Bedingungen ist eine prozessorgestützte Korrektur veständlicherweise besonders segensreich.
WIE KLINGT ES DENN NUN?
Lautete die Überschrift nicht "Höreindrücke"? "Und jetzt langweilt der absatzweise mit Theorie zu den klanglichen Auswirkungen von Korrektur DSP´s und Aktiv-Systemen." Ich höre den Seufzer der Leser förmlich...
Aber: Genau die beschriebenen Vorteile bietet das Imprint-optimierte Aktivsystem. Der Klangvergleich zu einem Car-Hifi Passivsystem ist letztlich witzlos, ist der Ausgang doch vorhersehbar. Erstaunlicherweise ist aber auch der Unterschied zwischen dem penibel manuell eingestellten Aktivsystem und der automatischen Imprint-Einmessung gewaltig. Heim-Highender müssen sich hierzu von den typischen Hifi-Journalie-Floskeln frei machen, um ein Gefühl für den Effekt der Einmessung zu erhalten. Die üblichen Beschreibungen wie "klingt noch eine Hauch fein-perliger und seidiger", oder "noch ein wenig mehr Luft um die Instrumente" reichen nicht aus. Die gesamte Anlage klingt wie ausgewechselt. Und zwar weniger im Sinne von heller, dunkler, dynamischer oder höher auflösend; sonder einfach richtiger.
Bild: Dieser Modus ist nach der Einmessung definitiv nicht mehr zu empfehlen.
Ich will einige Bespiele nicht schuldig bleiben:
Bei Big Band Jazz - eigentlich ja auch nicht die richtige Spass-Musik fürs Autofahren - klingt mit der manuellen Einstellung tonal i.O. und eine angedeutete Bühne ist auch zu erkennen. Natürlich bei Weitem nicht so perfekt wie daheim, aber es gibt ein Links-Rechts und auch eine Stimme dazwischen, eine Tiefenabbildung ist auch auszumachen, wenn auch nicht klar fokussierbar, und ein gezupfter Bass kommt tief, trocken und der Subwoofer ist kaum zu orten. MultEQ On und die Bühne schwebt völlig losgelöst von den Lautsprechern sogar etwas über dem Instrumententräger. Cassandra Wilson singt auf Breite der Mittelkonsole und 10 cm über den Lüftungsauströmern. Ein gezupfter Bass kommt nicht von irgendwo rechts daneben aus dem Handschuhfach, sondern spielt auf gleicher Höhe scheinbar exakt mittig vorm Beifahrersitz. Und das Beste: Auch der Klangkörper spielt dort! Will sagen: Es gibt keinen Zeitversatz des Subwoofers mehr. Eigentlich gibt es überhaupt keinen Sobwoofer mehr. Knochentrocken, schnell und knarzig steht da vorne der Bass im "Raum". Das macht soviel Spass, dass man hier nicht nur von einem Autoradio, sondern tatsächlich schon ernst zunehmenden Hifi sprechen kann. Und plötzlich macht auch Jazz beim Autofahren Spass!
Bild: Blick vom Musiksessel
Stimmenwiedergabe ist immer kritisch, da unser Ohr aufgrund der hohen Erfahrung im Hören von menschlichen Stimmen hier jeden tonalen Fehler sofort registriert. Die war auch schon bei der manuellen Einstellung bis auf die Dröhnneigung im Fussraum ordentlich. Trotzdem ertappte ich mich immer wieder nach einer Fahrt oder bei entsprechend langer Rotphase an einer Ampel, am parametrischen Equalizer herumzuspielen. "Die 400 Hz Anhebung ein bischen schmalbandiger und dafür stärker, oder doch lieber breitbandiger? Nun ist es ein wenig zu brustbetont. Also wieder runter mit der Anhebung, oder bei 250 Hz einen weiteren Korrekturpunkt setzen und hier ein wenig abschwächen? ... Nee, wieder zurück in die alternative Speicherung, die klang mit diesem Titel doch besser..." Die latente Unzufriedenheit ist seit der automatischen Einmessung weg. Wenn es mal zu brustbetont, oder schwächlich tönt, dann liegt das vermutlich an der Aufnahme. Einzig der pegelabhängige Dröhneffekt der beiden 130er im Fussraum kann auch die automatische Korrektur nicht vollständig ausregeln. Diesem müsste man mit klassischen baulichen Methoden zu Leibe rücken - aber wir wollen das M Coupe ja nicht zu schwer werden lassen...
HipHop, Rap, Techno und andere Car-Hifi-Musik - gewinnt klanglich auch und ist bestens durchhörbar. Die verschiedenen Tonspuren und Mixe bei elektronischer Musik von Kruder und Dorfmeister heraushören, oder die eingemischten Pop- und Funk-Samples bei LL Cool J, Jay Z und Co. zu erraten, sind ein Kinderspiel. Insbesondere im Bezug auf das Auflösungsvermögen zeigt die Anlage nun gute Hifi-Qualitäten. Das können einige Heim-Hifi-Ketten auch nicht viel besser.
Nur Licht ohne Schatten?
Naja, besser als daheim tönt es nun auch wieder nicht. Wenn man versucht sich die ungewohnte Akutisk im Auto wegzudenken - was nicht wirklich gelingt - würde ich die Absolutqualität der Gesamtkette mit gutem Gewissen der einer 2.000 EUR Heim-Hifi-Kette gleichstellen. Als einzig echten Kritikpunkt an der Car-Hifi-Kette kann und muss ich letztlich die tonale Ausrichtung der automatischen Korrektur benennen. Trotz einiger Einmessungen mit unterschiedlichen Mikropositionen gelang es nicht, der Abstimmung eine deutliche Hochtonüberhöhung abzugewöhnen. Einige mögen diese pseudo-analytische Abstimmung wahrscheinlich (japanische Autofahrer gehören hier offensichtlich dazu) - mir schmerzen die Ohren. Weiterer Kritikpunkt: Ist MultEQ eingeschaltet, lassen sich keine manuellen Änderungen der vielfältigen Korrekturmöglichkeiten des 9887R mehr vornehmen. Man ist also hinsichtlich Aktivweiche, Equalizing und Laufzeitkorrektur dem System Imprint völlig ausgeliefert. Für die Hochtonüberhöhung bleibt also lediglich das grobschlächtige Mittel des Treble-Pegels. Die klanglichen Basis-Einstellungen wie Sub-Pegel, Treble, Bass, Links-Rechts usw. bleiben dem Nutzer nämlich trotz MultEQ erhalten.
So will ich nicht verschweigen, dass ich nur mit den primitiven nachträglichen Korrekturen "Treble -5" und "Links +2" eine in meinen Ohren tonal richtige und korrekt vorm Fahrerplatz positionierte Bühne erhalte.
Eine weitere Einschränkung sollte bei Bass- und Pegel-intensiver Fun-Musik nicht unerwähnt bleiben: Der Tiefbass ist eingemessen zwar noch etwas ausgeprägter; und die lange verzerrungsfreie, luftige Wiedergabe lädt selbst bei höheren Geschwindigkeiten zu hohen Pegeln ein. Aber man stösst vergleichsweise früh an mechanische Grenzen: Der Subwoofer schlägt an. Entweder muss man nun den Subwooferpegel runter drehen, was ja beim 9887R schnell möglich ist, oder man gibt sich über 150 km/h dem Motorsound und dem Fahrtwind geschlagen. Eines sollte aber bewusst sein: Bis zu diesem Punkt hat man sich bereits einem sehr hohen Pegel ausgesetzt, was dem Gehör auf Dauer sicher ohnehin nicht zuträglich wäre. Wer trotzdem mehr will, der muss in grössere und/oder mehrere Subwoofer investieren und beim Front-System über ein 16er statt dem 13er nachdenken. Die unsichtbare Integration ohne bauliche Veränderung am Fahrzeug und Einschränkung des Kofferraum-Volumens ist dann aber sicher nicht mehr möglich. Bei einem seltenen Fahrzeug wie dem M Coupe wäre das schade.
Bild 1 und 2: Bei aller Freude über gutes Hifi im M Coupe; solche Momente sind auch ohne Hifi nicht zu überbieten.
In Kurzform:
Die Aufrüstung gegenüber dem Original Z3 Coupe System hat sich mehr als gelohnt.
Musik ertönt nun in Hifi-Qualität und die Gesamtkosten der Nachrüstung halten sich erstaunlicherweise im Vergleich zu den Preisen der Sonderausstattungslisten der Fahrzeughersteller in Grenzen.
In ausführlicher Form...
...sind in mir mehrere Erkenntnisse gereift:
Hifi im Auto ist möglich.
Alpine Radios sind zwar nicht schön, klingen aber so.
Die Preiswürdigkeit von Car-Hifi - wie bei den Chassis von Eton und den Verstärkern von Audiotec Fischer - ist höher als die von Home-Hifi.
DSP´s sind nicht nur un-highendig und böse, sondern insbesondere in akustisch schwieriger Umgebung echte Problemlöser.
Technologisch ist modernes Car-Hifi deutlich weiter als das dem Retro-Trend (Röhren, Vinyl etc.) erlegene Home-Hifi.
Die Möglichkeiten der Laufzeitkorrektur wären auch segensreich für Heim-Hifi, werden dort aber so gut wie nie genutzt.
MultEQ gibt es von Audyssey als Nachrüstlösung auch für Heim-Hifi - um die Preiswürdigkeit ist es dabei allerdings deutlich schlechter bestellt.
Car-Hifi Nachrüster verbasteln Autos nicht nur zu ausgeflippten Autokinos oder fahrenden Spielekonsolen, sondern fühlen sich - zumindest in meinem Fall - auch dem guten Ton verpflichtet.
Die Vorteile der Voll-Aktivierung bei Car-Hifi haben mich derart überzeugt, dass es unter Selbstbau bald einen Bericht über ein Teilaktivierungsprojekt meiner Visaton VOX 200 MHT High End geben wird.