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Selbstbau - Visaton VOX 200 MHT High End
Zum Inhalt
Lange hatte ich es angekündigt: Eine genaue Aufbauanleitung, technische Details und Hörberichte zu diesem Selbstbauprojekt. Alles kostenfrei "download-bar". Seit dem erstem Forumsbericht im Visaton - Diskussionsforum unter "Galerie der Projekte" sind mittlerweile mehr als 2 Jahre vergangen - Schande über mein Haupt, erst jetzt den angekündigten Gesamtbericht nachzureichen. Dieser darf trotzdessen noch als aktuell gelten und ist - so hoffe ich - nach wie vor von Interesse, denn einerseits sind die VOX-Lautsprecher immer noch beliebte Modelle und andererseits sind die verwendeten Chassis noch aktuell und gehören in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich zum besten was (bei Visaton) käuflich für den Selbstbauer zu erwerben ist.
Glasperlgestrahlte und schwarz eloxierte Alumium-Schallwand mit bündig eingelassenen Chassis
Ein Frequenzweichen-Update zur besseren "Anbindung" zwischen Tief- und Tiefmitteltöner hat es gegeben; denn seitlich verbaute Tieftöner ergeben zwar optisch schick-schlanke Lautsprecher, erfordern aber ein angepasstes FQW-Layout und sind akustisch ihren breiteren "Artgenossen" mit frontal verbauten Tieftönern sicher nicht überlegen. Soviel sei hier schon verraten: Die Visaton-Modifikation hat die bereits gute Abstimmung diesbezüglich nochmals deutlich verbessert - aber dazu im Weiteren mehr.
Viel Vergnügen beim Lesen, Nachbauen oder Anregungen zu Detaillösungen einholen!
Warum kein Fertigprodukt?
In 2002 habe ich wahrscheinlich eine ganze Reihe an Hifi-Händlern im näheren und auch weiteren Umkreis Münchens schier zur Verzweiflung getrieben: "Nett, aber zu hell, zu dunkel, zu langsam, nervös, toll bei Pop, aber nachvollziehbar verfärbt bei Klassik, oder livehaftig bei kleinen Jazzbesetzungen oder Kammermusik, aber "unaufgeräumt" und den "Überblick verlierend" bei grösseren Besetzungen... ...und war das (Gehörte) nicht nur gesoundet und geht nach einigen Stunden (oder Wochen bereits im privaten Besitz) auf die Ohren/Nerven?" Man konnte es mir nicht recht machen. Ich war nach unzähligen Anläufen sicher genauso ratlos wie die Händler dem unbequemen Kunden gegenüber: "Der hört nur, aber kauft nix!" Highend-Frust, wie ihn der ein oder andere sicher selber schon erlebt.
Für den Interessierten nun eine kurze (und damit sehr plakative!) Auflistung meiner Eindrücke, die zu keiner Kaufentscheidung führen konnten. Stolze Besitzer nun genannter Produkte mögen über die folgenden Zeilen bitte hinweglesen - nicht nur Geschmäcker, sondern auch Hörräume, Anlagen und Hörgewohnheiten sind verschieden:
JM Lab (jetzt: Focal) Cobalt- und Electra-Serie, sowie Micro-Utopia:
Plus: sehr luftig, dynamisch und durchhörbar.
Minus: alle eher hell (zu teuereren Modellen hin abgeschwächter), verfärbt, schnell lästig und im Vergleich zu entspannter spielenden Wettbewerbern eher unausgewogen.
B&W 805, 804 und 802 (noch ohne "D"):
Plus: tonal ausgewogen, sehr gute räumliche Breiten- und Tiefenstaffelung, grössere Modelle mit Tieftonattacke und -kontur.
Minus: nüchterne Stimmen- und Blasinstrumentenwiedergabe, nicht so locker und luftig wie Wettbewerber, verliert deutlich bei weniger stabilen Amps oder selber eher nüchtern spielender oder analytischer Elektronik.
Isophon Enigma und Vieta:
Plus: hoch auflösend, sauberer Grundton, gut konturierter Bass, insgesamt sehr ausgewogen und durchhörbar.
Minus: das wär es beinahe schon gewesen, wären dummerweise keine Lua´s und Adam-Audios daneben gestanden. Hinsichtlich Spielfreude, Luftigkeit und absolut kompressionsfreier und schlackeloser Hochtonwiedergabe (Adam-Audio) können die einfach mehr.
LUA 5/3 Diva:
Plus: erstaunliche Spielfreude und Grundtonstärke (insbesondere für die Grösse), hoher Wirkungsgrad (klar, wenn man auch Röhrenverstärker vertreibt!), schöne Stimmenwiedergabe.
Minus: ein wenig "gesoundet", nach unten eingeschränktes Tieftonabteil, weniger präzise (als z.B. Isophon), komprimiert deutlich bei höheren Pegel und verliert bei komplexen Material die Übersicht.
Adam-Audio Compact und Pencil(II):
Plus: sensationell livehaftig und spielfreudig, unkomprimierte und sehr präzise Hochtonwiedergabe dank Air Motion Transformer, Grundton mit Schmelz und Stimmen mit Körper, hoher Wirkungsgrad und enorme Pegelfestigkeit.
Minus: ein wenig zu viel des Guten? Und trotz schneller und steifer Tiefmitteltöner von Eton, werden in deren Frequenzumfang die Ausnahmequalitäten des Hochtöners nicht erreicht. Das Klangbild könnte somit tonal und dynamisch ausgewogener sein. Aber das war schon ganz nah dran (am Kauf).
Elac (Modelle mit Jet-Hochtöner):
Plus: Was die Adam-Audio mit ihrem AMT können, müssten die Elacs doch auch können - oder sogar besser? Randnotiz: War Klaus Heinz (Adam-Audio) davor nicht auch bei Elac? Kurz: Der AMT sorgt auch hier für ein luftiges und sehr feinzeichnendes Klangbild.
Minus: nervtötende Abmischung (insbes. die kleinen Kompaktmodelle), zischelig, hell, blechern (Stimmen deutlich verfärbt), das Klanggeschehen ist deutlich den unterschiedlichen Chassis zuzuordnen. Die günstigen Serien klingen zudem nach Kiste - bei erhöhten Pegeln mal an den Seitenwänden fühlen oder Klopftest machen!
HGP Corda:
Plus: tonal weitgehend ausgewogen mit tendenziell fülligerem Grundton.
Minus: Umgekehrt gefragt: Was war so gut an den HGP´s, das die sensationellen Tests der vergangenen Jahre rechtfertigt? Hinsichtlich Präzision, Auflösungsvermögen, Bühnendarstellung und Klanglösung vom Lautsprecher können die Wettbewerber deutlich mehr.
Piega P5 LTD:
Plus: luftig und hoch auflösend dank Hoch- und Mitteltonbändchen, präzise räumliche Darstellung.
Minus: es gibt tonal ausgewogeneres, Tieftonqualitäten stehen dem Rest des Spektrums nach. Tipp: Wenn Piega, dann die LTD-Versionen (auch die älteren ohne Koaxialbauweise der beiden Bändchen) - s.a. Messebericht: High End 2004
Audiodata Elance 2 Anniversary:
Plus: ausgewogen, natürlich, trockener und präziser Bass, da (mittlerweile ungewöhnlich) geschlossenes Gehäuse.
Minus: eher zurückhaltend spielend und dabei auch weniger luftig als Wettbewerber.
Dynaudio Contour 1.8 MKII und S 3.4
Plus: sehr ausgewogen, luftig, natürlich mit hoher Auflösung ohne jede Lästigkeit, die kritische Stimmen und Blasinstrumente-Wiedergabe ist nachwievor (alt/neu) richtungweisend, luftig, voller "Brust", Schmelz und Körper.
Minus: der Tieftonwiedergabe müsste man mehr Kontur geben und für einen "knarzigen" und trockenen Bass sorgen, dann könnte eine uneingeschränkte Empfehlung ausgesprochen werden.
Audio Physic Virgo 3:
Plus: gute Raumabbildung, Spielfreude, Lebendigkeit, hinsichtlich Stimmwiedergabe nahezu auf Dynaudio-Niveau (s.o.) dazu einen Bass mit Punch und Tiefgang, der auch richtig knarzen kann. In ihrer Preisklasse ein Probehör-Muss.
Minus: Kaum vorhanden! Nur wer es noch farbstärker und in Mitten und Grundton wärmer mag, muss weitersuchen. Für echten Tiefbass sollte man zudem einen zusätzlichen Subwoofer einkalkulieren.
Anmerkung: Die beschriebenen Ausnahemqualitäten treffen nicht auf alle Audio Physic Modelle zu.
Phonar P40 IIs:
Plus: neutral und ausgewogen spielend, mit tief reichendem und dabei trockenen und gut konturierten Bass; kann grosse Klangbilder zeichnen.
Minus: ein wenig nüchtern mit eher kühler Stimmwiedergabe, nicht sehr klangfarbenstark - für den Preis allerdings in obigen Disziplinen herausragend.
Wilson Benesch Arc und Discovery:
Plus: sehr hohes Auflösungsvermögen, exakte Ortbarkeit in Breite, Tiefe und Höhe, sehr hohe mikro- wie makrodynamische Fähigkeiten, trockener gut konturierter Bass. Die Discovery kann im Vergleich zur Arc im Tieftonabteil ein wenig mehr (Tiefe, Punch, Raumgrösse).
Minus: eigentlich keine, bei zu technoid oder analytisch spielender Elektronik kann die Durchhörbarkeit in Analytik umschlagen (ist das dann der Lautsprecher schuld? Kurz: Die Arc ist der beste Kompaktlautsprecher. Punkt! Die Discovery ist unverschämt teuer. Meine Entscheidung einen Standlautsprecher zu erstehen war schon gefallen: Weitersuchen!
Ergebnis: kein Ergebnis, ausser der Feststellung, dass alle nur mit Wasser kochen und sich Konzepte und verwendete Technik bei den am Markt befindlichen Produkten auch wiederholen. Wirklich entscheidend besseres bzw. konzeptionell anderes wird - trotz einer unüberschaubaren Vielzahl von Herstellern - nicht geboten. Flächenstrahlerkonzepte, Manger, die z.T. beschriebenen Konzepte mit Air Motion Transformer einmal ausgenommen. Und selbstverständlich ist aussergewöhnliche Technik auch nicht bzw. oft schon gar nicht der Garant dafür, dass es nachher auch gut klingt. Beim parallen Durchstöbern von Selbstbauzeitschriften wie HobbyHifi und
Klang+Ton, sowie in diversen Foren (insbesondere sei hier das von
Visaton lernte ich dann mehr und mehr was hinter den Lautsprecherkonzepten (auch von Fertigprodukten) eigentlich steckt und worauf es ankommt: Hochwertige und zueinander passende Chassis, dazu eine korrekt ausgetüftelte Weiche und ein Gehäuse, was den erforderlichen Parametern genügt und möglichst nichts schluckt oder an Eigenklang hinzudichtet. Allein auf diese Parameter "abgeklopft" machen viele Fertiglautsprecher - auch solche mit highendigem Preisschild - oft eine blamable Figur.
Aber Konstruieren nach Parametern ist nur die halbe Miete. Entscheidend ist wohl der "Koch" der die "Suppe" nachher richtig abschmeckt. Will sagen: Ein Lautsprecher ist zwar am Reissbrett kontruierbar, muss aber trotzdem von geübten Ohren abgestimmt werden. Erstens, zeigt sich das erzielte Ergebnis oft vom Kalkuliertem abweichend - das Aufbauen von Testmustern ist auch in anderen Branchen trotz modernster Konstruktions- und Simulationsmittel nicht wegzudenken. Zweitens, soll das musikalische Ergebnis schliesslich den Erwartungen der Käufer und/oder Entwickler entsprechen. Dass hier evtl. die x-te Modellvariante eines Grosserienlautsprechers mit weniger Liebe und Aufwand abgestimmt wird (weil sie sich über den renommierten Namen und die Toptests ohnehin verkaufen wird) als das langjährig erträumte Produkt einer Manufaktur kann nicht nur angenommen werden, sondern bestätigt sich häufig in entsprechenden Höreindrücken.
Entscheidend für den Entschluss ein sog. Selbstbauprodukt zu verwirklichen war dann die Erkenntnis, dass die Entwicklungsarbeit, die z.B. hinter einer Visaton Vox steckt, auch renommierten Nobelschmieden in nichts nachsteht. Gleiches gilt auch für die Entwicklungen von Bernd Timmermanns (Hobby Hifi) und den Herren von Klang+Ton, die schliesslich langjährige Spezialisten auf ihrem Gebiet sind und naturgemäss ihre Entwicklungen in allen Details offenlegen anstatt Simples hinter sog. "Betriebsgeheimnissen" zu verstecken. Also: Selbstbau - Ja! Aber welches Konzept (Selbstbauzeitschrift oder Chassishersteller-Bauvorschlag)? Für eine echte Eigenentwicklung fehlt mir schliesslich sowohl das Equipment als auch das Know-how.
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