Das Online-Magazin Hifi-Selbstbau glänzte mit tollen Lautsprecherprojekten und einer fundierten und angenehm unprätientiösen Vorführung.
In der Vorführungen waren abwechselnd die drei Lautsprechermodelle Kontra, MarkO und HiLive. Die Kontra mit den guten, aber sicher nicht highendigen, Visatonchassis AL130 und G20SC, wurde im Vorfeld der Messe als grosser Wurf angekündigt - hiervon konnte ich mir in zwei Sessions einen Eindruck machen. Die MarkO ist der schicke kleine Lautsprecher mit dem Breitbänder. Die HiLive das PA-Monster mit Hochtonhorn.
Bild 1: Theo Winterscheid moderierte in den 30minütigen Vorführungen technisch versiert und zugleich verständlich durch ausgewählte Musiktitel.
Bild 2: Das gesamte Hifi-Selbstbau-Ensemble mit "Pico" am Boden.
Bild 3: HiLive, Kontra und MarkO (v.l.n.r).
Die kleine MarkO mit dem edlen Breitbänder Alpair 10 von MARK AUDIO und dem halbrunden Gehäuse in individueller China-Tapeten-Beklebung wäre sicher auch eine halbstündige Hörsession wert gewesen - wenn ich doch nur mehrere Tage gehabt hätte...
Bild 1 und 2: Verblüffend günstige und gut klingende Geräte von XTZ.
Als Zuspielelektronik dienten sehr preiswerte Geräte der chinesischen Marke XTZ. Der propere 22kg schwere Vollverstärker Class A100 D3 sieht auch im Inneren wie ein Gerät der X-1.000-EUR-Klasse aus und glänzt mit guten Spezifikationen und 2x 50W im reinen ClassA-Betrieb, sowie Leistungsreserven von bis zu 2x 180W an 4Ohm. Für die aufgerufenen 650 EUR ist sogar noch eine Phono MM und MC Platine und ein DA-Wandler mit insgesamt 5 digitalen Eingängen enthalten. Auch der 9kg schwere CD-Player CD100 macht für 400 EUR auf den ersten Blick eine gute Figur. Dass die Geräte auch ausgesprochen gut klingen, konnte die hohe Gesamtperformance der Vorführung belegen. Womit wir zum Sahnestück - der Kontra - kommen können...
Bild 1 und 2: Kontra mit dem 130mm kleinen Visaton Alu-Konus AL130 und der 20mm Gewebekalotte G20SC.
Bild 3: Theo Winterscheid erklärt interessierten Besuchern das Konzept der Kontra.
Bild 4: Von der Seite ist durch die Glaswand das Prinzip der TQWT zu erkennen - das kurze Bassreflexrohr sitzt unter dem Anschlussterminal zwischen dem Akustikschaumstoff. Die Innenbeleuchtung hat wohl keine akustische aber ein das Prinzip klar erkennbar machende Funktion.
Um aus dem vergleichsweise kleinen Gehäuse und mit nur einem 13er Tiefmitteltöner einen anständigen Tiefton herauszuzaubern, nutzt die Kontra das Gehäuseprinzip TQWT - Tapered Quarter Wave Tube - also eine konisch zulaufende Viertelwellenröhre. Das Konzept ist ähnlich einer Transmissionline mit einem sich "nach hinten" vergössernden Querschnitt. Der Treiber befindet sich vom geschlossenen Ende ausgesehen bei knapp der Hälfte der "Rohrlänge" der TWQT. Am Ende "entlüftet" die TQWT der Kontra in ein kurzes Bassreflexrohr (s.a. Bild 4 oben). Eine anschaulichere Erläuterung gibt es im Netz im Lexikon von Audiotreff. Weiterführende Erläuterungen gibt es natürlich auch auf der Hifi-Selbstbau-Seite. Dort sind auch Details zur Kontra aufrufbar: Hifi-Selbstbau-Seite.
Um gleich auf den Punkt zu kommen: Die Vorführung über die Kontra war hervorragend und zählt für mich zu den Highlights der Messe. Ich habe schon einige Projekte mit dem sehr guten Visaton AL130 und auch dem G20SC gehört; aber die Kontra schafft, nicht nur in Anbetracht der eingesetzten Chassis, Erstaunliches. Was zuerst auffällt ist der Tiefton. Nicht weil er sich nicht sauber ins Gesamtklangbild integrieren würde - das tut er - sondern weil die Kontra sowohl hinsichtlich Tiefgang als auch Schalldruck Unerwartetes leistet. Theo Winterscheid gibt 40Hz untere Grenzfrequenz an - das ist tiefer als die meisten grösseren 3-Wege-Lautsprecher oder auch die riesige HiLive (Bilder 1-3 ganz oben). Hinsichtlich Maximalpegel sind dem 130er natürlich auch TQWT-unterstützt Grenzen gesetzt. Aber die Pegel, die die kleinen Töner zu deutlich sichtbarer Maximalauslenkung (immerhin stattliche +/- 8,5 mm) bewegten, waren auch schon nachbarschaftsgefährdend.
Kurz einige Auszüge aus den Notizen meiner Höreindrücke:
Norah Jones: Sehr plastisches und dreidimensionales Klangbild mit hoher Auflösung. Einzig der sehr füllige Grundton (Aufnahme!) und die leichte Dröhnneigung des Raumes störten die nahezu perfekte Wiedergabe etwas. Die letzten Punkte darf man natürlich nicht der Kontra anlassten.
Fairfield Four: Im Hochton ein wenig hart. Ob das an der diesbezüglich eventuell kritischen Aufnahme lag, oder doch an dem Hochtöner G20SC, den ich nicht für den Bestem im Visatonprogamm halte (s.a. Hochtöner-Auswahlprozess meiner Visaton VOX 200 MHT High End ), lässt sich nicht eindeutig beantworten.
Chris Rea´s Blues Album: Sehr plastsische, nahezu greifbare Instrumenten- und Stimmenabbildung. Authentischer Raumeindruck, luftiges Klangbild. S-Laute zu scharf - erneut die Frage, ob dies an der Aufnahme, oder an der ferrofluidgekühlten Kalotte liegt - oder Beidem!?
Yellow aus dem neuen Album Touch: Vollkommene Ablösung des Klangbildes von den Lautsprechern. Sehr gute räumliche Ortung auch bei deutlich aussermittiger Sitzposition. Gute Grobdynamik, kein Erdbebenbass, aber sehr druckvoll und gut konturiert.
Infected Mushrooms - kannte ich nicht, interessante Band: Unglaubliche Tieftonfülle bei gleichzeitig stabiler und kontrollierten Basswiedergabe - lief da nicht doch die HiLive?
Erich Kunzels Banditengalopp: Ultradynamische Polkas und Märsche bei hohen Pegeln meistert die kleine Kontra ebenfalls mit Bavour.
Leider konnte ich die HiLive und die MarkO nicht hören, da gerade immer eine Kontra-Session abgehalten wurde. Gestört hat mich das nicht wirklich, so sehr habe ich die Vorführungen bei Hifi-Selbstbau und insbesondere mit der formidablen Kontra genossen. Ein grosses Lob und Gratulation an die Mannschaft von Hifi-Selbstbau - mit Euren Projekten werde ich mich zukünftig wohl intensiver auseinandersetzen wollen.