Im goldenen Hifi-Zeitalter, den 70er bis 90er Jahren des letzten Jahrhunderts; als gutes Mittelklasse-Hifi noch in jede gute Stube gehörte, wie heute der LED-Screen und die per App-bedienbare Multi-Room-Beriesleung aus Plastik-Brüllwürfeln (heute meist eher Eiern od.ä.); war der britische Hersteller eine feste internationale Grösse im Geschäft.
Bild 1: Rega-Mittelklasse-Anlage v.l.o.n.r.u.: RP10 Plattenspieler, Aria-R Phonoverstärker, externes Netzteil des RP10, Elex-R Vollverstärker, Saturn-R CD-Spieler.
Bild 2: Klare Linien und echtes Holzfurnier bei der Rega RS5.
Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Mittelklasse-Hifi quasi nicht mehr existent; und Rega ist ein der Wahrnehmung der meisten Hifi-Begeisterten der britische Hersteller mit den Dünnbrett-Spielern, die mittlerweile zudem ordentlich Konkurrenz aus günstigeren Fertigungsstandorten bekommen hat.
Und so sucht auch Rega sein Heil im vermeintlich ambitionoierten und deutlich teureren Geräten, die - wenn man sich schon für klassisches Stereo-Hifi-Interessiert - wohl eher gekauft werden. Zudem wird man im oberen 4-stelligen, oder besser noch 5-stelligem Hifi einfach ernster genommen und hat eine Chance auf eine ausreichend hohe Einstufung in den Verwirr-Listen der Hifi-Gazetten.
Umso erfreulicher, dass der TAD Audiovertrieb auf der hifideluxe mit dem längst vergessenen Mittelklasse Hifi antrat: Aria-R Phonovorstufe - 1.200 EUR, Elex-R Vollverstärker - 1.200 EUR, Saturn-R CD-Spieler - 2.400 EUR. Naja beim Letzteren hätte es auch der Apollo-R für 800 EUR getan. Einzig das Plattenspieler Topmodell RP10 fiel aus dem Rahmen. So zeigte Rega - die feste Größe unter den kleiner-1.000-EUR Dünnbrett-Spielern mit dem innovativen Topmodell RP10 was man kann. Inklusive der höchsten Ausbaustufe des hauseigenen kardanischen Alu-Röhrchen-Tonarms RB2000 kostet der schon 4.500 EUR. Im Paket mit dem Tonabnehmersystem Apheta sind es dann schon mehr als 6.000 EUR. Preislich hätte hier bspw. ein RP3 für ca. 800 EUR besser gepasst.
Aber der RP10 hat es in sich: Er treibt das Prinzip der geringen Energie-Speicherfähigkeit und schnellen Resonanzableitung bei Dünnbrettspielern auf die Spitze. Mit seinem leichten Keramikteller und dem sehr reduzierten Design der Zarge aus leichtem Kunststoffschaum ähnelt er diesbezüglich den die gleiche Philosophie verfolgenden Funk Firm (s.a. ein Kapitel zuvor). Der kräftige Synchronmotor und die aufwendigere externe Motorsteuerung des RP10 gefallen mir indes besser als die Lösungen von Funk Firm. Überhaupt hätte das Paket RP10 aus meiner Sicht das Zeug zum absoulten Favoritenschreck. Nach eigenen Erfahrungen mit unterschiedlichen Plattenspielerkonzepten und Materialpaarungen wage ich die Prognose, dass bei gleicher Bestückung von Tonarm und System nicht wenige Aluminium- oder Acryl-trutzburgen eine ordentliche Schlappe im direkten Vergleich zum RP10 einfahren würden. Wenn man den Preis des RB2000 Tonarms von 2.000 EUR herausrechnen würde, ginge das schon zum Preis von 2.500 EUR. Nur leider kann man das nicht, der RB2000 ist immer fester Bestandteil des Paktes. Auch wenn der schön poliert ist und sicher besser tolerierte oder selektierte Lager aufweisen kann als seine günstigeren Geschwister, halte ich nach eigener Erfahrungen die Rega-Alurohr-Tonarme für einen weniger grossen Wurf. Ob sie schnell Resonanzen ableiten kann ich schwer beurteilen. Auf jedefall resonieren sie ersteinmal recht schön. Will man eher nicht...
Ach ja. Der zierliche 3-Wege-Lautsprecher (der 17er Tieftöner auf der Aussenseite ist nicht auf den Bildern zu sehen) heisst RS5 und kostet 1.500 EUR pro Paar. Das ist wieder erfreulich. Weniger erfreulich ist, dass die dünnwandigen Gehäuse gemäss Rega-Philosophie ebenfalls schön mitschwingen können. Pardon, schnell Resonanzen ableiten natürlich. Dafür ist die Wahl der Bestückung mit einer kleinen 19mm Kalotte und ein custom-made 13er Tiefmitteltöner vorne und einem 17er Tieftöner an der Seite, sowie Echtholzfurnier wieder erfreulich.
Höreindrücke
Es war klar, dass diese solide Mittelklasse Hifianlage nicht den best-sound-of-show generieren würde. Ein paar Verbesserungspotenziale bzgl. Tieftonstabilität und Grundton- wie MIttenauflösung konnte man auch ausfindig machen. Zu guter Letzt überraschte sie auch nicht mit Aha-Effekten im Klangbild. Gut so! Effektfrei, tonal weitgehend sauber, weiträumig und sauber abbildend mit feinder Hochtonauflösung wusste sie mit verschiedener Musik zu überzeugen.
Fazit: Hier ist sie - die Anlage des totgesagten Mittelklasse Hifis. Mit ihrer unaufgeregten und schlüssigen Wiedergabe verdeutlicht sie uns schmerzlich wie viel Musikwiedergabequalität deutsche Wohnzimmer an Dockingstations, Soundbars und Multiroom-Lösungen verloren haben.