Selbstbau - Tonarm "The Unswayed"
Höreindrücke
Soviel vorab: Es hat sich gelohnt!
Was mich bei Inbetriebnahme am meisten gefreut hat ist, dass The Unswayed vom ersten Ton an einfach gut spielte. Meine Befürchtungen das Projekt sei misslungen, man habe einen unbemerkten konstruktiven Fehler eingebaut, dynamische Masse und Tonabnehmer harmonieren nicht, das Klangbild würde stark verändert oder verfärbt werden usw. lösten sich mit den ersten Tönen in Wohlgefallen auf. Alles spielte harmonisch und musikalisch zusammen, was direkt zum Durchhören einer kompletten Plattenseite animierte.
Aber spielt The Unswayed nun besser als andere Tonarme? Ist er zumindest deutlich besser als der bekante Rega RB300? Haben sich die doch nicht ganz unerheblichen Investitionen (ja, man hätte für die Kosten der aufwendigen Einzelanfertigung auch schon fast einen kleinen Schröder erstehen können) gelohnt? Nun gut; auch wenn Selbst-Gekochtes immer am besten schmeckt, werde ich mich in einem bemüht-objektiven Hörbericht versuchen:
Variante 1 - Königsholz und Goldring Eroica
Aufbau
effektive Länge............227 mm (ca. 8,9 Zoll) in Königsholz (Veilchenholz)
Gewicht.........................142 g Edelstahl mit POM-Hülse
Headshell.....................Musical Life
Tonabnehmer..............Goldring Eroica LX mit ca. 1,8 g Auflagekraft
Phonovorstufe..............Aqvox (symmetrisch im Stromverstärkungs-Betrieb)
Ein A-B Vergleich dieser Konstellation zum Rega RB300 ist nicht möglich, da ich nur einen Goldring Eroica besitze. Allerdings höre ich mit dem Rega schon recht lange und kann daher die Unterschiede - sofern vorhanden - mit mir gut bekannten Aufnahmen beurteilen. Gehört habe ich vor allem mit der A-Seite von Diana Kralls "The Girl in the Other Room" - gute Aufnahme, gute Pressung, nette Musik und für den (verbotenen) digitalen Quercheck auch als (SA)CD vorhanden.
Schon das erste Stück "Stop This World" macht klar: Wenn ein Album auch als Vinyl verfügbar ist, machen die Mehrkosten und der Komfortverlust gegenüber der CD ab sofort Sinn. Und damit ist auch schon das wichtigste über den Vergleich des The Unswayed mit dem Rega RB300 gesagt. Wie eingangs unter Idee schon erwähnt, bin ich mit meiner Kombi aus Fat Bob S, Rega und Goldring nie so richtig glücklich geworden. So beschränkte sich das genussvolle Vinylhören vorwiegend auf alte 80er und 90er Jahre Scheiben. Aktuelle Digitalaufnahmen, die auch als Vinylpressung verfügbar sind, lohnten das DJ-Spielen aus klanglichen Gründen eher nicht. Anscheinend klingen Dire Straits, Pink Floyd, Sade und Co. nur deshalb auf Vinyl besser, weil die ersten CDs der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrtausends so fürchterlich schlecht aus den ursprünglich analogen Aufnahmen produziert wurden. Dieser Vergleich sagt also eher etwas über die Unterschiede der Plattenproduktion als über den prinzipiellen Vergleich analoger mit digitaler Wiedergabe aus. So spielt kurioserweise bei gleichem (digitalen!) Ausgangsmaterial mein Gamut CD3 tonal meiner bisherigen Analog-Kombo sehr ähnlich und bietet auch diese oft zitierte analoge Ansatzlosigkeit, Schwärze, Lebendigkeit, Abbildungsgrösse oder Authenzität. Das liegt sicher auch daran, dass der Gamut in dieser Beziehung Aussergewöhnliches leistet (oder ein wenig zuviel des Guten tut - wie einst in der Hifi & Records zu lesen war). Auf jedenfall verhagelt er hierdurch der Transrotor-Rega-Kombination ein wenig die Show.
Mit dem The Unswayed spielt sich in meiner Kette nun endlich Analog an Digital vorbei. Gegenüber der digitalen Wiedergabe sind nun, auch mit dem vergleichsweise günstigen Goldring Eroica (offensichtlich gar kein so schlechtes MC), all die in der Presse beschriebenen Vorzüge der Vinyl-Wiedergabe erlebbar. Es baut sich eine, sowohl in Ausdehnung, Luftigkeit und Atmosphäre realistische Bühne auf. Nicht nur das audiophil-aufgenommene Saiten-Gezupfe (wie unrealistisch herangezoomt) kommt echt, mit Körper und Luft drumherum; auch Dianas Stimme ertönt beinahe echt und livehaftig. Beim Titel "Temptation" kann man nicht nur das Fingerspiel des gezupften Bass verfolgen sondern erlebt auch einen sauberen und druckvollen Tiefton-Körper - toll.
Variante 2 - Fernambuk und Goldring Eroica
Aufbau
effektive Länge............281 mm (ca. 11,06 Zoll) in Fernambuk
Gewicht.........................270 g Edelstahl mit POM-Hülse
Headshell.....................Musical Life
Tonabnehmer..............Goldring Eroica LX mit 1,72 g bis 1,75 g Auflagekraft
Phonovorstufe..............Aqvox (symmetrisch im Stromverstärkungs-Betrieb)
Obwohl diese Variante evtl. schon ein wenig zu schwer für das Goldring Eroica ist, wirkt sich der längere und schwerere Arm doch positiv auf die Wiedergabe aus. Ganz so daneben ist die Kombination ohnehin nicht, so wandert das schwerere Gewicht doch deutlich nach vorne (bis zur Maximalposition - daher auch die geringfügig kleinere Auflagekraft ggü. Variante 1), was eine gar nicht allzu sehr erhöhte dynamische Masse indiziert. Genau nachgerechnet habe ich nicht - was nützt einem auch all die graue Theorie wenn es in der Praxis so klingt:
Ein ganzes Pfund dynamischer, mit einer präziseren Ortbarkeit der Instrumente und insgesamt feiner aufgelöst. Bei "Stop This World" hatte ich anfänglich den Eindruck der Hochton wäre ein wenig heller als bei Variante 1. Dies liegt aber nicht an der geringfügig niedrigeren Auflagekraft, sondern eher an der feineren Auflösung. So ist denn auch die Tiefton-Wiedergabe mit noch ein wenig mehr Substanz gesegnet. Bezüglich der Bühnenwiedergabe ist beim Titel "The Girl in the Other Room" deutlich zu vernehmen, dass die Bühne zwar nicht breiter oder tiefer wiedergegeben wird, aber klarer gegliedert und einzelne Intrumente mehr Luft erhalten und selbstverständlicher zu lokalisieren sind. Auch Dianas Stimme gewann noch ein wenig an Authenzität. Wahrscheinlich sorgte der substanzreichere Tiefton auch hier für noch mehr Körperhaftigkeit.
Variante 3 - Fernambuk und Ortofon Valencia
Aufbau
effektive Länge............282 mm (ca. 11,1 Zoll) in Fernambuk
Gewicht.........................270 g Edelstahl mit POM-Hülse
Headshell.....................Musical Life
Tonabnehmer..............Ortofon Valencia mit 2,47 g bis 2,52 g Auflagekraft
Phonovorstufe..............Aqvox (symmetrisch im Stromverstärkungs-Betrieb)
Endlich kann das Ortofon Valencia in meiner Kette zeigen, dass es doch in einer anderen Liga als das Goldring Eroica spielt. Ausgehend von diversen Berichten in der Fachpresse hatte ich eine besonders Grundton-starke Wiedergabe mit viel Schmelz und fetterem Bass erwartet - die Unterschiede zum Goldring sind in meinen Ohren eher subtiler und erschliessen sich einem erst bei längerem Hören vollständig.
Am auffälligsten ist die noch körperhaftere und dynamischere Gangart dieser Kombination. Man gewinnt den Eindruck das System spiele lauter als das Goldring. Hinzu kommt eine bessere Feinauflösung; eine in den Abmessungen grössere Raumdarstellung und ein satteres, aber vor allem "farbigeres" Klangbild. Der Klang der Instrumente scheint nun mehr Schattierungen zu besitzen, Dianas Stimme kommt noch nuancierter. Alles scheint farbenfroher und luftiger zu tönen. Bei "Temptation" fällt auch die erweiterte Fein- wie Grobdynamik auf. Die Trommel steht luftig, körperhaft und exakter ortbar an einem festen Platz im Raum.
Wie zu erwarten ist Variante 3 die bisher beste Kombination.
Einen detaillierten Vergleich der beiden MC-Systeme habe ich unter Höreindrücke Tonabnehmer - Goldring Eroica, Ortofon Valencia verfasst.