Analoges Hifi ist insbesondere im Highend Bereich immer noch schwer angesagt. So kam auch dieses Jahr kaum eine Vorführung ohne Vinyldreher aus. Daher nun in alphabetischer Reihenfolge interessante Neuerungen einiger Anbieter.
Messeberichte - High End 2009
Analog Spezial
Clearaudio
Um ehrlich zu sein hatte ich die Marke Clearaudio bisher nie so richtig auf dem Schirm, was analoges Hifi angeht. Nicht, dass ich deren Bedeutung für den deutschen, ja internationalen Markt abreden möchte. Hier ist Clearaudio als Komplettanbieter mit grosser Zubehörpalette und sogar kleiner Musikproduktion schon seit Jahren eine feste Grösse. Aber bisher gab es - bis auf die empfehlenswerte Plattenklemme Seal - kein Produkt, was ich in seiner Preisklasse nicht anderen vorgezogen hätte.
Das könnte sich nun mit der Vorstellung des neuen Plattenspieler-Komplettpakets Concept ändern.
Bild 1 bis 3: Der Concept ist nicht nur ein druchdachtes Gesamtpaket - er sieht auch noch schick aus.
Das Paket, was die Erlanger hier zum avisierten Preis von 1.000 EUR geschnürt haben, ist nicht nur dazu imstande alle Konkurrenzpakete der 1.000-EUR-Klasse zweitklassig aussehen zu lassen. Nein, wenn der akustische Vortrag hält, was die Technik verspricht, könnten weit grössere Laufwerks-Tonarm-Kombinationen in Schwierigkeiten geraten.
Die schwarz eingefärbte Basis mit der dekorativen Aluminiumverschalung gilt eventuell noch als klassenüblich. Ebenso der Gleichstrommotor mit Steckernetzteil. Der Plattenteller ist allerdings schon eine Besonderheit in dieser Klasse. Hierbei handelt es sich offenbar um eine dicke Scheibe POM. Der akustisch vorteilhaft schwere und schalldämpfende Kunststoff findet sich ansonsten nur in grossen Laufwerken.
Bild 1 und 2: Faden-Magnet-Lagerung des Concept-Tonarms im Detail.
Das eigentliche Highlight des Concepts ist aber der zum Paket gehörige Tonarm. Andernorts kommen in dieser Preisklasse üblicherweise kleine Regas oder neuerdings Jelcos zum Einsatz. Diese klingen für kleines Geld zwar ganz anständig, müssen bei höherem audiophilen Anspruch oder zum Führen von hochwertigen Tonabnehmern aber passen. Ein dann fälliges Aufrüsten auf einen wirklich anständigen Tonarm kostet dann gerne einmal mehr als das ganze ursprüngliche Einsteigerpaket. Bei dem Concept ist ein Aufrüsten sicher auf lange Zeit nicht nötig. So verbaut Clearaudio hier doch erstmals eines der bestklingensten Tonarmkonzepte überhaupt. Mit Verlaub: Ein auf dem Kopf stehender Schröder-Arm.
Wer sich genauer über Magnetlagerungen von Tonarmen informieren möchte, den kann ich an einen ausführlichen Bericht über meinen eigenen Selbstbau-Tonarm The Unswayed verweisen.
Bild 1 bis 4: Top-Drehtonarm Universal auf dem Laufwerk Innovation.
Neben dieser bemerkenswerten Neuerung waren auf dem Clearaudio-Stand noch viele andere Produkte zu sehen. Zu den neuesten und innovativsten zählen sich das elektronisch drehzahlgeregelte grosse Laufwerk Innovation und der sehr schön verarbeitete Drehtonarm Universal. Beide allerdings mit empfindlich hohem Preisschild versehen.
Da Vinci Audio
Den Namen Da Vinci Audio verbinden Analogfans in Deutschland mit den luxuriösen kardanischen Tonarmen Nobile und Grandezza. Die sind über den Vertrieb TW-Acustic (weiter unten) erhältlich. Was weniger bekannt sein dürfte ist, dass die Schweizer auch ganz hervorragende Masselaufwerke im Angebot haben.
Bild 1: Laufwerk AAS Gabriel.
Bild 2: Tonarm Nobile.
Bild 3: Tonarm Grandezza.
Aber ähnlich der Situation bei Transrotor, die ihrerseits SME Tonarme nutzen, aber aufgrund der Konkurrenzsituation wenig Werbung um die Laufwerke von SME machen, hat TW-Acustic wahrscheinlich Interesse daran seinen Raven Laufwerken jene von Da Vinci Audio gegenüber zu setzen. Neben den aufwendigen Laufwerken (im Bild 1 das grosse AAS Gabriel) bleiben Deutschland auch Tonabnehmer, Verstärker und Lautsprecher aus dem Programm verwehrt. Schade.
D.Klimo
D.Klimo aus Reutlingen ist schon seit Längerem auf dem Gebiet von Röhrenverstärkern tätig. Auf der High End präsentierte die kleine Firma ihre ersten hübschen Laufwerke und Tonarme.
Funk Firm
Der spleenige britische Analogspezialist Funk Firm konnte mit einigen Neuerungen aufwarten. Zum einen präsentierte man das neue Modell Saffire, das augescheinlich eine Weiterentwicklung des erfolgreichen Laufwerks Vector ist. Zum anderen hat man mit dem sehr empfehlenswertem Motornetzteil K-Drive nun endlich eine Lösung für alle jene, die aufgrund des schwachen Basisantriebs des Vectors je Witterrungsbedingungen mit eiernder Plattenwiedergabe zu kämpfen habe. Dem Vernehmen nach, soll durch das K-Drive zudem die Klangqualität deutlich zunehmen. Wenn ich an meine Erfahrungen mit dem Motornetzteil von Dr. Fuss am Transrotor Fat Bob S denke, kann ich das gerne glauben.
Bild 1: Neues Laufwerk Saffire.
Bild 2: Rega Tonarm, dessen abgesägtes Alurohr durch eines aus Kohlefaser ersetzt worden ist.
Bild 3: Von Funk Firm gepimpter Linndreher mit Drei-Pully-Antrieb und Grundplatte aus Kohlefaser.
Bild 4: Im Hintergrung der Vector, im Vordergrund der Saffire.
Neben den eigenen Laufwerken und einem Tonarm, der stark an das alte Well Tempered Design erinnert, wagt sich Funk Firm auch an Modifkationen von Wettbewerberprodukten aus dem eigenen Land. So werden beispielsweise Rega Tonarme kurz hinter dem Lager abgesägt und erhalten ein Kohlefasertonarmrohr - dieses Tuning nennt sich dann FXR. Den altehrwürdigen Linn LP12 rückt man ebenso ungehemmt auf den Leib. Das Original Subchassis und die Armbasis fliegen raus und werden gegen solche aus Kohlefaser ersetzt - das nennt sich Charm. Die Topplatte wird gegen eine aus Carbon ersetzt - Clarity. Und der Synchronmotor wird gegen einen Gleichspannungsmotor mit drei Pullies und dem Motornetzteil K-Drive ersetzt - Vector Drive.
Fragt sich nur, ob man angesichts des hohen Basispreises eines Linn LP12 und der Komplett-Umkrempelung durch Funk Firm, am Besten nicht gleich ein anderes Laufwerk kaufen sollte. Beim Wilson Benesch Circle ist auch alles aus leichter, steifer und Resonanzen ableitender Kohlefaser - und der kostet inklusive schicken Kohlefasertonarm nur ein Bruchteil obiger Umbauschlacht.
Hanss und Hiraga
Hiraga führte auch dieses jahr erneut seinen Hochwirkungsgrad-Lautsprecher JH-MS15 Reference, der schon auf der High End 2008 kontrovers diskutiert wurde. Dieses Jahr wurde der Koaxial-Töner noch von einem aufgesetzten Superhochtöner unterstützt. Zu einem Höreindruck blieb kurz vor 18 Uhr leider keine Zeit. Zumindest ein paar Informationen und Fotos der recht preiswert erscheinenden Komponenten von Hanss
Bild 1: Hiraga JH-MS15 Reference und mittig das Top-Laufwerk von Hanss T-60.
Bild 2: Hanss Laufwerk T30.
Bild 3: 15kg MM-MC-Phonovorstufe PA-30 für 1.600 EUR.
Der wahrscheinlich fernöstliche Hersteller bietet eine Reihe an Geräten und modern designten Masselaufwerken an. Die Verarbeitungsqualität scheint absolut untadelig. Das mittlere Laufwerk der aktuellen Palette T-30 (Bild 2) besitzt einen schwarz eloxierten Aluminiumteller. Die Basis besteht aus einem Alu-Acryl-Mix und die Füsse sind magnetgelagert. In Summe bringt dises Modell mit zwei Synchronmotoren schon 38kg auf die Waage. Angesicht dieses Aufwandes erscheinen die augerufenen 3.500 EUR im Vegleich zur deutschen Konkurrenz schon ein Kampfangebot zu sein. Über etwaige klangliche Qualitäten - bsw. der Phonovorstufe PA-30 von Bild 3 - würde ich bei Gelegenheit gerne einmal berichten.
Mel Audio
Die mit zuvor noch unbekannte italienische Hifischmiede Mel Audio stellte ihr breites Produktportfolio aus Plattenspielern, CD-Spielern, Verstärkern, Lautsprecher, Kabeln und Zubehör vor. Das eigenwillige moderne Design ist sicher nicht jedermanns Sache, aber eine Bereicherung sind die aus poliertem Alu und Acryl gefertigten Gehäuse in der immer gleichen Blechkleid-Welt des Hifi schon.
Bild 1 und 2: Immer hübsch anzusehen - die Geräte natürlich.
Montegiro
Montegiro stellte wie schon auf der High End 2008 erneut nur "zur Ansicht" aus. Aber hübsch sind sie ja - die Laufwerke aus Hattingen.
Bild: Alle vier aktuell angebotenen Laufwerke auf einen Blick: mondo, lusso, vivo und legno (v.h.n.v.)
Bild 1 bis 4: Und weils´ so schön ist, noch mal einzeln im Detail.
Transrotor
Transrotor stellte sein neues Topmodell Argos aus. Neben der gewohnt protzigen Optik, sollen auch hier wieder viel verchromtes Metall und Glas (insgesamt 280kg) als wichtigste Verkaufsargumente genügen. Wer auch ein wenig Technik für guten Klang in seinem Analog-Schrein möchte, den kann man auf den riemenfreien Magnetfeldantrieb hinweisen. Den hat Transrotor gut bei dem schon länger erhältlichen E.A.R. Master Disk von Tim de Paravicini abgeguckt.
TW-Acustic
Der Analogspezialist TW-Acustic aus Herne stellte gleich zwei neue Produkte vor: Das neue Toplaufwerk Raven Black Night, dass eine Weiterentwicklung des Raven AC darstellt. Und die neue Phonovorstufe namens Raven Phono (in Anbetracht des mittlerweile bestens beleumundeten Laufwerks Raven nicht die unglücklichste Namensgebung). Als Lautsprecher kam das 4-Wege-Horn-Lautsprechersystem Beta I inklusive vier Basshörnern mit 16 Zoll Alnico-Treibern von Cessaro zum Einsatz. Das sollte für ordentlich Druck gut sein.
Bild 1: Komplette Anlage mit Cessaro Hörnern.
Bild 2: Der Raven Phono steht in der Mitte links.
Bild 3: Da wurde Röhrenfreunden nicht nur warm ums Herz.
Bild 4: Ungewöhnliche Anordnung der drei Motoren beim Raven Black Knight.
Bild 5: Leider nicht mehr erhältlicher Breuer Dynamic Tonarm.
Warum der Raven Black Knight ein Vielfaches eines Raven AC kosten soll ist anhand des doch sehr ähnlichen Aufbaus nur schwer nachzuvollziehen. Sicher ist der Materialaufwand noch grösser: Mehr Kupfer (40mm dicke Platte), mehr Kunststoff (grosse Basis für Plattenteller und Motoren) und eben drei Motoren mit einer Akkuspeisung. Naja, ich hätte mir von einem Reference-Statement der Herner mehr erwartet. Ein Raven AC mit 3 Motoren - wie auf der High End 2006 - sieht nicht nur deutlich schicker aus, sondern ist um Einiges günstiger.
Über die freiverdrahtete Raven Phono Röhrenvorstufe war mangels Zeit vor Ort und auch im Internet wenig zu erfahren. Die Röhrenphono Tron Seven hat man nun zugunsten des eigenen Produkts aus dem Vertriebsprogramm genommen.