Höreindrücke - Analog
Transrotor TMD
Über den neuen Subteller TMD (Bild 1) von Transrotor - das "Transrotor Magnet Drive" - konnte man (wie immer bei Neuem von Transrotor) schon viel Positives in der einschlägigen Fachpresse lesen. Die Idee, mit einer Magnetkupplung (nichts anderes unterscheidet das TMD vom normalen Subteller), die den entzwei-geteilten Subteller verbindet, Wow- und Flutter-Effekte zu reduzieren ist sicher nicht verkehrt. Ob sich hierdruch klanglich auch Positives tut, kann nur der Versuch in der heimischen Kette klären.
Bild: Beim TMD besteht der Subteller aus zwei ineinandergreifenden radialsymmtrischen Drehteilen, die über zwei Kugellager gegeneinander verdrehbar sind.
Um die Antriebskraft der unteren Hälfte auf die darüberliegende (und letztendlich den Teller) zu übertragen, stehen sich im Spalt 3 sternförmig angeordnete Magentpaare gegenüber. Deren Abstand und Magnetkräfte sind so ausgelegt, dass sich einerseits ein sicherer Kraftschluss und andererseits die erwünschte Dämpfung - also leichte radiale Beweglichkeit ergibt. Aufgrund der zu erwartenden aber nur minimalen radialen Dämpfungsbewegungen, ist es auch verschmerzbar, dass diese über Kugellager abgestützt werden, welche normalerweise wegen ihrer Laufgeräusche nicht in einen Plattenspieler gehören. Klingt alles komplizierter als diese einfache aber gute Idee wirklich ist. Im Netz findet sich sicher eine Schnitt-Zeichnung, die die Wirkungsweise besser als meine Worte veranschaulicht (Update: Jetzt auch auf der Transrotor-Seite - TMD verfügbar).
Warum überhaupt eine zusätzliche Dämpfung in den Antrieb einbauen? Ist der Fat Bob S nicht schon über seine bewegte Masse, die Elastiziät des Antriebsriemens und den entkoppelt stehenden Motor ausreichend von Antriebseinflüssen entkoppelt? Wer meinen Hörbericht zum Motornetzteil - Dr. Fuss gelesen hat, weiss dass schon kleinste Gleichlaufschwankungen (Flutter) und auch längere Abweichungen (Wow) durchaus signifikanten Einfluss auf die Abtastung der Platte haben können. So überzeugte auch der selten gewordenen Abdruck eines Messprotokolls in einer Hifi-Gazette, dass das TMD diese Schwankungen tatsächlich deutlich reduziert. Zudem dürften es mit dem TMD feinste Vibrationen des Antriebsriemens oder Störungen in der Spannungsversorgung des Motors schwerer haben bis zum Teller vorzudringen. In der Theorie alles schön und gut, aber wie wirkt es sich nun praktisch aus?
Austausch des Subtellers
Für einen Hörtest, muss erst einmal der alte Subteller (Bild 1) abgenommen (Bild 2) und gegen den Neuen mit TMD ausgetauscht werden (Bild 3). Das geht einfach und schnell, kostet aber auch 350 EUR Aufpreis, wenn der alte Subteller über den Handel wieder an Transrotor zurückgegeben wird. Der Aufpreis erscheint mir im Vergleich zur sonstigen Preispolitik von Transrotor ausnahmsweise moderat.
Höreindrücke
Rentiert sich dieser Aufpreis auch? Hierzu spielte ich in der Konfiguration Goldring Eroica an Rega RB300 und über die Phonovorstufe Aqvox 2CI zahlreiche Platten. Damit ein schneller Vergleich möglich ist und nicht ständig der Subteller ausgetauscht werden muss, wobei sich die Ölversorgung des Lagers erst wiederaufbauen und das Lager einlaufen muss, habe ich die Wirkung des TMD mit 3 Klebestreifen ausser Kraft gesetzt.
Bei der dynamischen Live-Einspielung von Joy Denalanes "Höchste Zeit" konnte man nach dem Aufkleben der Klebetreifen (TMD inaktiv) zwei Beobachtungen machen: Einerseits scheint vordergründig erst einmal mehr Attacke in der Wiedergabe zu liegen und der Bass dicker und lauter zu spielen. Schnell merkt man aber auch, dass der Bass dabei aber auch dröhniger, unsauberer und langsamer wirkt. Die Wiedergabe ist insgesamt zwar "fetter" aber gleichzeitig auch "grobkörniger". Die zuvor noch wahrgenommene Feinheiten verschlieren. Insgesamt nehmen mikrodynamischen Differenzierung ohne TMD ab. Wenn das TMD wieder wirken darf, spielt alles wieder punktgenauer, mit besserer Feinauflösung und dadurch auch mit besserer Tiefenstaffelung. Das Publikum lässt sich räumlich besser von Geschehen auf der Bühne unterscheiden, Gitarren und Joy´s Stimme wirken plastischer und werden mit genaueren Konturen gezeichnet.
Die beschriebenen Unterschiede kamen mir bei dem Stück "Sign The Times" noch grösser vor. Habe ich eben noch von reduzierter Attacke mit dem TMD geschrieben? Hier ist davon nichts mehr zu spüren. Gerade die schärferen und klarer akzenturierten Bassläufe lassen das Geschehen plastischer, grösser und dynamischer wirken. Die Bühne wird zudem in Tiefe und Breite besser gestaffelt. Verdeckungseffekte werden reduziert und das Klangbild wirkt als ob man einen vorher noch vorhandenen leicht dämpfenden Vorhang beiseite gezogen hätte.
Es folgten noch Vergleiche mit weniger audiophilen Aufnahmen. Aber der Effekt war immer der gleiche und klar nachvollziehbar. Ob nun Maceo Parker, Gene Harris geniales "As", Bobby Lyle oder Louise Smith, bei allen wirkte das Spiel mit TMD klarer, differenzierter, plastischer und die Raumdarstellung verbessert. Bei Smith gewann dadurch insbesondere das Live-dabei-Gefühl, Bobby´s Stimme erklang natürlicher und von einer leichten Härte befreit und die Glöckchen bei "As" feinperliger, sowie die Bassline sauberer.
Bei der Quantifizierug der beschriebenen Effekte tue ich mich immer ein wenig schwer. So erweckt eine plastische und möglichst lautmalerische Beschreibungen von Höreindrücken häufig den Anschein, man habe es mit riesigen Klangsprüngen oder einer neuen highfidelen Liga zu tun. Das ist beim TMD nicht der Fall. Die Auswirkungen sind zwar klar und eindeutig nachvollziehbar, finden aber auf einer subtilen Ebenen statt. So ist die Klangverbesserung, die man an einem Standard Fat Bob S erreichen kann, mit der zudem noch günstigeren Massnahme - dem Motornetzteil - Dr. Fuss - deutlich grösser. Eine Aufstellung und Einordnung aller Verbesserungsmassnahmen an dem nur mässig aufspielenden Standard Fat Bob S habe ich daher unter Transrotor Upgrades - Übersicht zusammengefasst.
Fazit
Ja; endlich habe ich ein Produkt aus dem Hause Transrotor gefunden, dass nicht nur teuer aussieht, tolle Tests vorweisen kann und prestigeträchtig ist, sondern dass technisch und klanglich wirklich Sinn macht und zudem noch bezahlbar ist. Eine echte Empfehlung also.
Wie oben schon angedeutet muss ich allerdings allen Aufrüst-Willigen dringend anraten, erst einmal für einen vernünftig laufenden Motor an ihrem Fat Bob S zu sorgen, falls dieser dank Standard-Steckernetzteil noch unrund und voller Störungen laufen sollte (s.a. Motornetzteil - Dr. Fuss). Erst danach macht die Dämpfung feinster Störungen mit dem TMD wirklich Sinn.
Geheimtipp Zahnseide anstatt Gummiriemen?
Ein Händler (den ich nicht nennen werde) riet mir auf die Anfrage zum Umrüsten auf das TMD, hiervon dringend ab, da sich dies nur negativ auswirke und riet mir stattdessen den geschliffenen Rundriemen gegen Zahnseide (Bild) auszutauschen.
Bild: Ökologisch unbedenkliche Zahnseide als Antriebsriemen am Transrotor?
Für jeden Tipp dankbar, musste ich dies natürlich sofort ausprobieren. An anderen Laufwerken mit Gleichspannungsmotoren sieht man schliesslich auch hin und wieder ähnliche Fäden als Antriebsriemen. Mit unterschiedlichen Seiden (gewachst oder ungewachst, mehr oder minder ökologisch etc.) und verschiedenen Längen und damit Umspannungen um den Subteller zu experimentieren, erschien mir zudem reizvoll.
Klares Ergebnis: Nicht nachahmenswert. Ob der Subteller-Antrieb, der von Transrotor verwendete Motor oder Pully für Zahnseide nicht geeignet sind, kann nur spekuliert werden. Das sich einstellende Klangbild ist bei jeder Fadenlänge und Vorspannung verheerend: Aus dem mitreissenden Spiel von Maceo Parker wurde eine dermassen flache und müde Nummer, dass er wohl ausgebuht von der Bühne flüchten müsste.