Auch Plattenteller-Auflagen sind eine beliebte Spielwiese für Analogisten. Von der klassischen Ledermatte, über Filz, Vinyl, Kupfer usw. bis hin zu speziell geschlitzen Keramik-Scheiben oder verwobenen Kohlefaser kann man sich - je nach gewünschter klanglicher Prägung und Geldbeutel so ziemlich jedes Material auf den Plattenteller legen. Ein kleiner Rega mag da schon einmal mit einer schweren Kupferplatte überfordert sein, aber Masselaufwerk-Besitzer können hier reletiv frei experimentieren.
Höreindrücke - Analog
Tellerauflage aus Schiefer
Ausgangsbasis - Transrotor Fat Bob S mit Rega RB300
Gerade bei einem Masselaufwerk stellt sich allerdings die Frage, warum man dem Entwickler nicht trauen und die Resonanzsignatur des Laufwerks gegenüber dem Werksstand verändern sollte? Dass sich durch unterschiedliche Materialien klanglich etwas verändern würde, ist hinsichtlich der empfindlichen Abtaster und der von mir gemachten Erfahrungen mit Motornetzteilen, Plattenklemmen und Rega-Tweaks durchaus denkbar; aber ob es besser werden würde? Gleich vorab: Im folgenden Bericht gibt es keine Materialschlacht unterschiedlichster Matten. Dazu sind mir die Effekte zu gering und die Matten zu schwer aufzutreiben bzw. einfach zu teuer.
Eines gab mir an meinem Transrotor Fat Bob S aber zu denken: Im Gegensatz zu Tellern anderer Hersteller, die ein Material-Sandwich verwenden, Kupfer, Kunststoffe, Holz oder speziellen Metallguss, ist der Teller des Fat Bob S aus einem Stück Aluminium gedreht. Aluminium hat keine bersonders gute Eigendämpfung und neigt auch noch bei höheren Frequenzen zum Resonieren (Klingeln). Wer einmal auf die Stellfläche eines Fat Bob S oder ähnlichen Laufwerks geklopft hat während der Tonabehmer bei Tellerstillstand auf einer Platte ruhte, weiss wie leicht auch die vermeintlich grosse Masse zum Mitschwingen angeregt werden kann. Unsere highendigen Tonabnemer sollen zudem jede mikrometer-kleine Schwingung auslesen können, was sie auch in solch einem Fall tun.
Bei dem Modell Fat Bob S ist vom Plattenteller, über Subteller, Basis und bis hin zu den drei Füssen alles aus polierten Alu-Drehteilen gefertigt (s.a. Bilder oben). Sieht ja hübsch aus; aber eigentlich wollte ich doch das Überflieger-Laufwerk aus den Hifi-Blättchen kaufen und keine grosse Klingel. Ketzer behaupten ja sogar, dass genau aus diesem Grund der Fat Bob S keinen vernünftigen Bass erzeugen kann. Böse, böse. Aber auch bei Transrotor hat man offensichtlich diese Problematik erkannt und versucht diese mit eingedrehten Rillen an der Unterseite des Tellers und einer ca. 7 mm dicken Kunststoffeinlage zu beheben. Ohne dies messtechnisch belegen zu können, wage ich die Behauptung: Diese Massnahmen sind nur notdürftige Flickschusterei an einem eher weniger klanglich optimierten Konzept. Ein weiteres Indiz für diese Vermutung könnte auch ein Blick in das Modellprogramm von Transrotor geben. Auf Basis eines einheitlichen (ausnahmsweise einmal wirklich guten) Lagerkonzepts werden aus Acryl- und Alu-Dreh- und Frästeilen Teller und Laufwerksbasen in nur allen erdenkbaren Optiken und Stärken gefertigt. Das ergibt ein breites Produktportfolio für jeden Look und jeden Geldbeutel. Im Ergebnis erzeugt dies evtl. neidische Nachbarn, liegt der Prestigewert doch sicher auf dem einer Luxus-Uhr, aber das Ringen um das bestmögliche Konzept für den bestmöglchen Klang, kann ich der Modell-Hierarchie eher weniger entnehmen. Nun aber genug mit der highfidelen Blasphemie - es gibt Licht am Horizont.
Ein analoger Newcomer und findiger Ein-Mann-Betrieb hilft bei Bedarf auch dem Vorzeige-Plattendreher-Hersteller Transrotor auf die Sprünge: Michael Stolz bietet unter dem Label Musical Life Laufwerke an, bei denen er voll auf die dämpfenden Eigenschaften von Schiefer setzt. Herr Stolz baut zwar auch Dreher aus polierten Aluminium, setzt aber gezielt Schiefer-Scheiben an Teller, Basis und Füssen ein, um das Laufwerk zu bedämpfen. Dies hat zwei entscheidende Vorteile:
Schwarzer Schiefer hat durch seinen vielschichtigen Aufbau, zwischen deren Schichten zudem Öle eingelagert sind, eine hohe dämpfende Wirkung bei gleichzeitig fester Ankoppelung.
Die Compound-Bauweise der zwei unterschiedlichen Materialien sorgt dafür, dass die Eigenresonanz des Compounds nur noch sehr schwach ausgeprägt ist. Einfach gesagt: Bei hohen Frequenzen, wenn das Alu klingeln will, will der Schiefer nicht mit spielen; und bei den ohnehin gering ausgeprägten Eigenresonanzfrequenzen des Schiefers, lässt sich Alu wieder ungern zum Mit-Swingen anregen.
Diese Vorteile habe ich mir auch schon bei meinem Lautsprecherprojekt Visaton VOX 200 MHT High End und bei der Schieferbasis unter dem Transrotor zu Nutze gemacht. Auf eine telefonische Anfrage bei Michael Stolz hin, war dieser schnell bereit mir für meinen Transrotor angepasstes Zubehör anzufertigen. Der Tausch der Füsschen schien mir fürs Erste weniger Erfolg versprechend, da die Transrotor-Alu-Kegel schon auf einer Schieferbasis standen. Ein Tausch der Basis wäre wiederum sehr aufwändig geworden; zumal hier auch das stehende Lager des Transrotors untergebracht werden müsste. Zudem könnte man sich dann auch gleich das Modell La Roccia (s.a. High End 2005 - Transrotor) oder den Bausatz Woody kaufen und entsprechend aufbauen - eine ähnliche Idee hat Christian "krishu" Wölfel als Selbstbau-Projekt unter krishu verwirklicht. Die Schiefereinlage im Plattenteller schien dagegen eine interessante Option zu sein. Gesagt, getan: Schnell waren die Masse am Transrotor genommen, und ebenso schnell die entsprechende Schieferplatte geliefert. Auf den folgenden Bildern sieht man die Schieferplatte Musical Life, die Transrotor Kunststoffeinlage und eine Ledermatte (ebenfalls Musical Life) im Vergleich.
Neben den angepassten Massen des Aussenradius und der inneren Bohrung, konnte die exakt geschliffene Dicke von 10 mm auch für den Fat Bob S beibehalten werden. Im Zusammenspiel mit der Ledermatte ragt zwar nun ein kürzeres Stück Dorn für die Plattenbohrung heraus, aber auch dieses ist immer noch ausreichend um sogar bei schwerem Vinyl die anpressbare Clearaudio-Plattenklemme sicher anzubringen.
Bilder oben (von links nach rechts): Transrotor-Plastik runter; Schiefer rauf; Leder drüber; Clearaudio-Klemme sitzt noch immer fest.
Höreindrücke
Gehört wurde mit Goldring Eroica an Rega RB300 und Aqvox 2CI. Durch die um ca. 5 mm höhere Plattenebene des Musical Life Ensembles gegenüber der Transrotor Kunststoffauflage, muss der VTA immer wieder neu eingestellt werden, was an der Tonarm-Basis für den Rega über das Lösen einer Madenschraube schnell von der Hand geht.
Aufgelegt habe ich vor allem den Blue Note Sampler "Trip - Sunday Morning". Auf diesem befinden sich zwar keine modernen oder betont audiophilen Aufnahmen, aber gute Einspielungen von Titeln mit hohem Spassfaktor, die auch Unterschiede der beiden Tellerauflagen deutlich herausgestellt haben.
Ein erster schneller Durchgang mit den Titeln "Move Your Hand" von Lonnie Smith und "As" von Gene Harris offenbart Grosses:
Ja, das isses! Auf Anhieb scheint das Laufwerk nun auf dem immer schon erhofften Niveau zu spielen. Die Klangsteigerung durch die Schiefer-Leder-Kombi hat weit grössere Auswirkungen als Füsschen oder Basen unter Geräten und Lautsprechern. Der positive Effekt ist eher mit dem Wechsel von einer einfachen Phonovorstufe auf ein hochwertiges Gerät zu vergleichen.
Endlich ist sie da; die ungerührte Ruhe und Geschmeidigkeit im Klangbild, die ich von einem guten Masselaufwerk erwarten würde. Lautmalerisch: Der Grauschleier ist weg und der Vorhang wie weggezogen, um den Blick auf das musikalische Panorama freizugeben. Bobby Lyle´s "Groove" groovt nun tatsächlich. Der Basspunch kommt trocken und sauber, die Musik swingt und die mögliche Dynamik(!) ist nun auf einem ganz anderen Niveau. Trotz dieser nun deutlich grösseren und mächtigeren Vorstellung, werden Feinheiten besser herausgearbeitet und weniger überdeckt. Die Durchhörbarkeit ist deutlich verbessert ohne dass das Klangbild ins Analytische oder in Härte abdriften würde. Ganz im Gegenteil: Jegliche Nervosität scheint verschwunden und auch bei hohen Pegeln spielt nun alles verzerrungsfrei und sauber zusammen. Gerade dieser Effekt ist ein Indiz dafür, dass nun weit weniger Resonanzen über Trittschall an die Rille der Platte gelangen. Obwohl der Transrotor auch schon vorher auf einem sehr massiven und hoch bedämpften Hifi-Rack gestanden ist, helfen die Musical Life Auflagen offensichtlich deutlich die "Alu-Glocke" zu beruhigen und unempfindlicher gegen äussere Anregungen zu machen. So kann ich nun den Pegel weit höher aufdrehen, als mit der Kunstoffeinlage, ohne dass sich Verzerrungen oder Unsauberkeiten in die Wiedergabe schleichen.
Auch die Raumauflösung gewinnt sehr deutlich von diesen Effekten. Die Bühne wird deutlich breiter aufgezogen und zwischen die vormals dichgedrängten oder sich einander im Weg stehenden Protagonisten gibt es nun Raum und Luft. Das Spiel einzelner Instrumente kann nun differenzierter verfolgt werden. Alles in allem bin ich verblüfft zu welcher Wiedergabe die Goldring Eroica- und Rega RB300-Kombination fähig ist. Zuvor hätte ich die Unzulänglichkeiten und Einschränkungen im Klangbild (die auch ggü. dem Gamut CD3-Player auffallen) eher der vergleichsweise einfachen Kombination von Tonabnehmer und Tonarm zugeschrieben. Nun weiss ich, dass insbesondere das Konzept des Transrotor Fat Bob S die Möglichkeiten der Vinyl-Wiedergabe bei weitem nicht auslotet. Nach der Umstellung auf die Musical Life Auflagen begeistert auch die Detailauflösung und Tiefenstaffelung dieser TA-Tonarm-Kombination mit einem Wiedergabeniveau, was nun leicht nachvollziehbar über meinem Digital-Equipment liegt. Ich bin gespannt in welche Sphären, man mit besserem Tonabnehmern (s.a. Tonabnehmer - Goldring Eroica, Ortofon Valencia) und Tonarmen (s.a. Selbstbau Tonarm - The Unswayed) noch vordringen kann. Vorab bin ich mit dem Klangniveau des so "gepimten" Fat Bob S vollauf zufrieden.
Ergebnis - Transrotor mit Schieferauflage
Der Titel sagt es bereits: Die latente Unzufriedenheit mit meinem Transrotor ist nun endlich vorbei. Dass er nun mit "Musical Life" spielt, liegt allerdings an keinem bei Transrotor verfügbarem Upgrade, sonderen ausgerechnet an zwei vergleichweise günstigen (Schiefer ca. 150 EUR; Ledermatte 20 EUR) konzeptionellen Upgrades.
Gerade deshalb an dieser Stelle: Diese Tellerauflagen sind ein ganz heisser Tipp an alle, die - wie ich - dem Highend-Dilemma aufgesessen sind, und nun doch noch das Beste aus den Gegebenheiten machen wollen.
Nachtrag
Experimente, nur die Ledermatte auf das Original-Transrotor-Kunststoff zu legen, führten nur zu geringen (positiven) Effekten. Nur das Schiefer-Inlet anstatt das Transrotor-Kunststoff ist eher ein klanglicher Rückschritt. Das Klangbild wird stränig und die Tonalität der Wiedergabe gerät durcheinander.
Die oben beschriebenen, sehr positiven Auswikungen auf den Transrotor beziehen sich ausschliesslich auf die Kombination von Schiefer und Leder auf dem reinen Alu-Fat Bob S. Die Variante mit der rauhen Seite der Ledermatte nach oben gefällt mir hierbei am besten.