Höreindrücke - Analog
Tonarmkabel - Finewire C37
Durch den Bau meines eigenen Tonarms The Unswayed, war ich gezwungen mich auf die Suche nach einem (natürlich wirklich guten) Tonarmkabel zu machen. Dass es auch hier klangliche Unterschiede geben würde, war nach den Erfahrungen mit NF- und LS-Kabeln zu erwarten; angetrieben wurde ich allerdings eher von praktischen Überlegungen. Um für die winzigen Signale überflüssige Löt- und Materialübergangsstellen zu vermeiden, sollte es eine durchgängige Verkabelung vom Tonabnehmer bis zur Phonovorstufe sein. Praktisch wäre auch die Möglichkeit zur Vorkonfektionierung mit XLR-Steckern, um dieses Ende für die Aqvox Phonovorstufe nicht selber löten zu müssen. Wichtiger war noch ein dünnes und leichtes Kabel, was sich leicht durch die Bauteile des The Unswayed fädeln lässt und keine unerwünschte Skating-Kräfte auf den nahezu reibungslosen Einpunktler aufzubringt.
Bei einer ersten Internet-Recherche waren neben dem populären Cardas Audio auch diverse ähnliche Strippen zu finden. Die meisten schienen mir, unabhängig von ihrer vermeintlichen klanglichen Qualitäten, einfach zu teuer für ein paar Kupferlitzen von der Rolle. In der elektronischen Bucht finden sich immer wieder zwei interessant klingende Phonokabel-Konzepte zweier gewerblicher Teilnehmer. Nachdem sich die Kontaktaufnahme und Abstimmung mit einem dieser Anbieter eher "merkwürdig" gestaltete, blieb noch das Finewire C37 von Heiko Wingender (StereoLux Musikanlagen in Karlsruhe) übrig. Der Preis von 129 EUR darf angesichts des Aufbau- und Konfektionierungsaufwandes und hinsichtlich der Konfektionierung nach Kundenwunsch als preiswert gelten. Die vielen eingestellten vollmundigen Kundenfeedbacks und der Vertrieb über das Auktionshaus machten mich allerdings eher stutzig, kannte ich ähnliche (allerdings weitaus reisserische) Werbemassnahmen doch auch von Clockwork. Einige Empfehlungen mir bekannter Hifi-Kollegen liessen mich dann doch das Risiko eingehen - das Finewire C37 mit XLR-Stecker wurde bestellt. Schon alleine aus preislicher Sicht hätte es keine Alternativen gegeben.
Bild: Auf dem Bild sind alle vier Leiter zu sehen - je zwei kleben aneinander.
Kurze Zeit später lag das Finewire C37 bei mir zu Hause. Die Qualität der Konfektionierung und das mitgelieferte Zubehör, wie Tonabnehmer-Stecker, Schrumpfschlauch etc., ist von guter Qualität und es fehlt an nichts. Mit feiner Lötspitze, hoher Temperatur und dritter Hand, war das Kabel schnell für einen ersten Klangcheck fertiggestellt. Ein erster Hörvergleich konnte an meinem Rega RB300 gegenüber der Transrotor (Rega-Oehlbach) Verkabelung stattfinden. Bevor ich die unerwartet grossen Unterschiede schildere, schnell noch ein paar Daten zum Aufbau des Kabels.
Finewire C37 - mehr als nur Kupferlitze
Eigentlich könnte ich es mir an dieser Stelle leicht machen, so findet man doch sicher im Netz eine aktive Auktion, auf der Heiko Wingender sein Kabel (und weitere Produkte und Serviceleistungen) sehr detailliert beschreibt. Ich will trotzdem die relevantesten Daten aus meiner Sicht zusammenfassen:
Leiter aus je Kanal zwei Stück seidenumsponnener OFC Kupferlackdraht-Litze (je 8 lackisolierte Drähte)
Leiter maschinell verdrillt und wärme-getempert (3 Tage eingebrannt zur Gefüge-Homogenisierung)
Sehr dünne Kupferlackdraht-Litze von nur 0,1 mm zur Minimierung von Laufzeitdifferenzen und Phasenverschiebungen
Resonanzoptimierung durch (zweimalige) Beschichtung mit original C37 (Ennemoser) Lack
Cinchstecker: hohler Mittelpin, massearm, verringerte Kontakfläche des Masserings zur Vermeidung von Phasenfehlern
ALLE(!) anderen Steckertypen auf Anfrage lieferbar
Tonabnehmerbuchsen aus vergoldeten, massearmen Buchsen mit kontaktsicheren Gabelfederkontakten
Kapazität von insgesamt ca. 150 pF
Montagehülse für alle gängigen Tonarme zur Befestigung des Kabels im Tonarmsockel verfügbar
Version mit Eichmann Bullet Plugs und kompletter cryogenischer Behandlung (Kälte-Temperung auf -190 °C) der Litzenleiter und sämtlicher Stecker für 199 EUR erhältlich.
Für den Löt-Muffel: Fachgerechter Einbau z.B. in Rega RB250, RB300 für nur 79,- Euro Aufpreis durchführbar.
Ok, wir haben es verstanden; Heiko Wingender hat sich wirklich etwas bei der Konzeption seines Phonokabels gedacht. Mal sehen ob sich das klanglich auch auszahlt.
Höreindrücke
Gehört wurde an meinem Transrotor Fat Bob S (inkl. aller hier im Analog-Kapitel beschriebenen Modifikationen) mit Rega RB300 und Goldring Eroica an der Aqvox 2Ci im Stromverstärker-Betrieb. Die folgenden Höreindrücke beziehen sich vorwiegend auf das Album "The Girl in The other Room" von Diana Krall.
Also, wie klingts jetzt?
Eigentlich soll ein Kabel ja gar nicht klingen, sondern nur das Signal unverfälscht passieren lassen. Im Falle des von einem MC-Tonabnehmer erzeugten Signals sprechen wir hier von zarten Signälchen im Nano-Volt und -Ampere-Bereich. Von dieser Definition ausgehend muss das Transrotor-Kabel am Rega RB300 (Original-Rega-Kabel mit angelöteter Oehlbachstrippe) dem kleinen Signal wohl Steine in den Weg legen.
Wie auf den obigen Bildern zu sehen, war das Finewire C37 für erste Versuche nur mit Klebestreifen aussen an das Armrohr geklebt. Hinsichtlich Mikrophonie sicher nicht optimal, aber auch so und ohne direkten Vergleich, habe ich meinen Rega nicht wieder erkannt.
Wow! So kann Diana´s Stimme also auch von Vinyl klingen. Deutich klarer als je zuvor mit diesem Tonarm; körperhaft, direkt, wie einen Meter näher an den Zuhörer herangerückt singt Diana ins Mikro. Das Klanggeschehen wirkt nun authentischer und involvierender, man kann sich der Atmosphäre nicht mehr entziehen. Toll! Nach der ersten Überraschung, kann man nach mehreren Quervergleichen objektiv folgendes festhalten:
Die Feinauflösung gewinnt deutlich; Klavieranschläge werden besser nachvollziehbar und klingen deutlicher aus, eine High Hat wird feiner gezeichnet und ein gezupfter Bass hat einfach mehr Körper. Die Bühnendarstellung wird präziser und gleichzeitig breiter und tiefer. Alles hat Luft und swingt; Diana´s Stimme ist sehr schön plastisch mit definierter Position im Raum, zuweilen auch vor der Lautsprecherebene und scheinbar zum Greifen nah.
Das Zurückstecken auf die Original-Verkabelung erzeugt entsprechende Ernüchterung. Bei "Almost Blue" wirken Klavieranschläge nun leicht verschmiert, Diana´s Stimme wirkt ausgedünnt und ein wenig brustlos. S-Laute sind ein wenig schärfer und allgemein scheint es an Details zu fehlen.
Fazit
Eine durchgehende und (im wahrsten Sinne des Wortes) feine Tonarmverkabelung macht auch (oder sogar insbesondere) bei einem kleinen Rega-Arm Sinn. Das Kabel von Heiko Wingender ist - ungeachtet dessen, was man von Seidenumspinnung, Kryo-Behandlung und Ennemoser-Lack hält - ein sehr faires Angebot. Der gute Klang (also die geringen Verluste und Verfälschungen des Signals), die Anpassbarkeit an alle Tonarme und der Einbau-Service machen es zu einem echtem Tipp!
Weiterführende Links
Kurz in der elektronischen Bucht gesucht, oder direkt Email an Heiko Wingender:
Hi-Fi - gut dokumentierte Anleitung zur Neuverkabelung von Rega-Tonarmen