Die Vorführungen von Backes & Müller gehörten schon immer zu den besten der Messe. Kein Wunder, so setzen die Saarbrückener doch seit jeher auf aktiv entzerrte und verstärkte Lautsprecher, die zudem meist eher grösser und somit recht pegelfest sind. Beste Vorraussetzungen also für eine beeindruckende Vorführung in einem der grösseren Vorführräume des Atriums.
Bild 1: Nein, das ist kein Zerrspiegel vom Jahrmarkt, sondern die BM Line 100, die hier erstmals ausgestellt worden ist.
Bild 2: Von vorn lässt sich die BM Line 100 leichter als Mehrwege-Hornkonstruktion erkennen.
Nun will ich also erstmals eine der beeindruckenden Vorführungen von Backes & Müller würdigen - was ich in meinen bisherigen Messeberichte versäumte - und war prompt nicht ganz zufrieden. Woran lag´s?
Bild 1: Ansammlung an Lautsprechern der Line Serie. Elektronik von Accuphase wurde zusammen mit der neuen hauseigenen Vorstufe BM Ice 802 betrieben.
Bild 2: Auf der Rückseite trägt der Line Sub 4 der 25er Kohlefaser Tieftontreiber. Die BM Line 35 hat deren 2 auf ihrer Rückseite.
Bild 3: Der Zylinderwellenstrahler sorgt für den Mittelhochton bereits ab 800 Hz.
Gleich vorweg: An den Vorführungen der Line Serie - allen voran die abgebildete Line 35 - und auch der optisch wohnraumtauglicheren neueren Prime Serie hatte ich in den Vorjahren nie etwas auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Die Lautsprecher demonstrieren exemplarisch die komzeptionelle Überlegenheit von Aktivlautsprechern über die immer noch verbreiteteren Passivlautsprecher. Das liegt insbesondere daran, dass Backes & Müller das Thema ganzheitlich und sehr professionell angeht. Hierbei kann die Firma auf über 30 Jahre Erfahrung zurückblicken und setzt sich unter dem Label KS Digital zudem im Profi-Bereich erfolgreich mit der Materie auseinander.
Wo andere mal ein B&O Ice Power Modul (ClassD Verstärker) zukaufen, oder einen Mehrwege-Lautsprecher teilaktivieren, liefert Backes & Müller mit seinen Lautsprechern quasi eine Komplettlösung für das heimische Musikzimmer. Man benötigt nur noch Quellgeräte und eine Lautstärkeregelung. Selbst eine Raumkorrektur ist bei den Line Serie Modellen möglich. Für technische Details empfehle ich die Homepage des Herstellers. An dieser Stelle sei beispielhaft die Ausstattung der BM Line 35 kurz umrissen: Versteiftes Gehäuse mit Corian Schallwand, einen über DSP und FIR-Filter entzerrten Zylinderwellenstrahler für den Mittelhochton, vier entsprechend entzerrte 17er Kohlefaser Tiefmitteltöner und zwei analog phasenkorrigierte 25er Kohlefaser Tieftöner auf der Rückseite, als Verstärker dienen (klanglich den meisten ClassD Typen vorzuziehende) Mosfet Verstärker mit einer Gesamtsystemleistung von 1.000 Watt. Zusätzlich stehen Filter zur Raum- und Zeitanpassung zur Verfügung. Dieses Technikpaket sollte für die meisten Anwendungsfälle genügen. Und klingt übrigens auch ganz hervorragend.
Bild 1: Geschäftsführer und Chefentwickler Johannes Siegler erklärt die BM Line 30.
Bild 2: Im Vordergrund die BM Line 30. Links davon die grösseren Modelle der Prime Serie, rechts die der Line Serie.
Bild 3: Vorstufe BM Ice 802, Accuphase SACD Spieler DP-85 und die Vorstufe C-2800.
Dass ich diese Jahr nicht so hin und weg war, lag an der Vorführung der neuen BM Line 30 - Bild 2 oben. Mit dieser bin ich wohl nicht ganz kompatibel. Und das lag nicht an der wuchtigen Optik, die zugegebenermassen auch nicht meinen Geschmack trifft.
Die Zutaten der Line 30 lesen sich erst einmal wie gewohnt imposant und weisen zudem einige Besonderheiten gegenüber den Schwestermodellen der Line Serie auf: Dem für die Line Serie typischen Zylinderwellenhorn, der hier von einem 1,4 Zoll Hochtöner betrieben wird, gesellt sich ein koaxial angeordnetes Mitteltonhorn. Für den Tiefton sind zwei - vorne angeordnete - veritable 30er verantwortlich, die ihrerseits bereits auf 1.000 Watt Verstärkerleistung zurückgreifen können. Optisch auffällig sind zudem die seitlich an der Front angebrachten Blenden, die für eine homogene Schallabstrahlung aller Treiber sorgen, und horntypische Bündelungen, vermeiden soll. Alle Treiber werden mit Hilfe der Backes & Müller eigenen Technologien entzerrt und phasenrichtig abgestrahlt.
Der Vortrag des Alicia Keys Live Albums geriet zwar erwartungsgemäß imposant: Der Bass wurde sehr kräftig, sauber und abgrundtief in den Raum gestellt. Das hatte PA-Qualitäten. Auch bei sehr hohen Pegeln blieb das Klangbild verzerrungsfrei und für eine Hornkonstruktion ungewöhnlich verfärbungsarm. Letzteres ist sicher ein Verdienst der Korrektur mit FIR Filtern. In Summe empfand ich den Bass aber als zu stark im Pegel, die Präsenzen ein wenig "topfig" und den Brillianzbereich etwas zu forsch. Alles tonale "Fehler" selbstredend, die sich mit den eingebauten Korrektur DSPs auf meinen Geschmack einstellen liessen.
Mit anderen Titeln bestätigte sich mein Eindruck. Auch die Steve Day Band klang zwar eindrucksvoll bei Live-Pegeln und überraschte mit stupender Grobdynamik. Tonal empfand ich die Präsenzen allerdings als drückend und den Brillianzbereich einfach zu laut. Wie schon gesagt, sind diese rein tonalen Unstimmigkeiten zu meinem Hörempfinden im Falle eines BM Line Lautsprechers nicht über zu bewerten, liesse sich die Tonalität im heimischen Hörraum doch auf das gewünschte Mass einstellen. Nachdem ich aber keinen 100 qm Hörsaal zu beschallen habe und die möglichen Pegel der Line 30 nie ausfahren könnte, würde ich wohl eher bei einer Line 25, 35 oder Prime 14 landen. Alles ganz hervorragende Aktivkonzepte.