Ähnlich wie schon auf der vorjährigen High End 2010, führte auch dieses Mal die Redaktion vom Magazin Stereoplay Komponenten im Vergleich vor. Im Gegensatz zu den üblichen Hersteller- oder Vertriebsvorführung konnte man hier, demnach quasi unabhängig, Produkte von Wettbewerbern vergleichen.
Auch dieses Mal begnügte sich Stereoplay mit nicht weniger als dem Anspruch die besten Geräte am Markt vorzuführen. Na das klang doch vielversprechend.
Bild 1: Die Vorführungen waren immer gut besucht.
Bild 2: So sieht das aus, wenn man die Stereoplay-Bestenlisten-Referenzen über und nebeneinander stapelt.
Bild 3: Die drei Phonovorstufen auf einen Blick - von oben nach unten: Aesthetix IO Eclipse VC, Lyra Connoisseur 4-2L SE und Clearaudio Statement Phono. Rechts stehen jeweils die Netzteile in ihrer eigenen Behausung.
Während der Passivlautsprechervergleich auf der High End 2010 ein eher ernüchterndes Bild - Pardon: Klang - zeigte, waren dieses Mal Komponenten am Start, die ein vielversprechendes Rennen erhoffen liessen. Allen voran der formidable Passivlautsprecher TAD Reference One - mein Best Sound of Show 2010, der meiner Überzeugung nach die drei Referenzkandidaten des 2010er Stereoplay-Vergleichs düpiert hätte.
In 2011 ging es aber nicht um Lautsprecher, sondern Phonovorstufen. Und hier hatte Stereoplay wirklich grosse Kaliber aufgefahren. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. So kommen alle drei Kandidaten in jeweils zwei Gehäusen, wobei eines hiervon sinnvollerweise das ausgelagerte Netzteil beherbergt. Das verringert Störungen durch Einstreuung und sorgt anderseits aber auch für zusätzliches Gewicht und Kosten einer zweiten schicken Schale. Dass es sich bei allen Kandidaten um Cost-no-Object Entwicklungen handelt, davon zeugt beispielsweise das Netzteil der Aesthetix IO Eclipse VC, das alleine schon 25kg auf die Waage bringt. Da kommen veritable Endstufen schon mit weniger aus. Angesicht der kleinen Signale ist das schon ein beachtlicher Bauteileaufwand zur Spannungsstabiliserung und -filterung. Andererseits ist dies gerade aufgrund der empfindlich kleinen Signale eines MC Systems durchaus der richtige Ansatz.
Bevor ich zu meinen Höreundrücken kommen, noch kurz ein paar Worte zu den drei Starten des Rennens, die da wären: Aesthetix IO Eclipse VC, Lyra Connoisseur 4-2 P SE Phono und Clearaudio Statement Phono & Line Preamplifier - gut, nicht nur hinsichtlich des Gehäuse- und Bauteileeaufwandes, sondern auch bezüglich möglichst langer und sperriger Gerätebezeichnungen sind sich alle drei Hersteller einig. Weitere Gemeinsamkeiten sind ein kanalgetrennter und symmetrischer Aufbau, Hochpegeleingänge und eine Lautstärkeregelung. Diese Phonopres sind also auch gerne die einzige Vorstufe in einer hochwertigen Kette - für den Fall, dass nicht viele Quellgeräte anzuschliessen sind.
Unterschiede gibt es im Schaltungsdesign: Der Clearaudio Statement hat hier das modernste Design, ist ein weiten Teilen über selektierte passive Bauelemente an verschiedene Tonabnehmer anpassbar und hat zudem ein informatives Display.
Die Aesthetix IO Eclipse geht den umgekehrten Weg. Im hübschen Gehäuse sorgen vorwiegend Röhren für die Verstärkung. Auch hier ist die Bauteilequalität sehr gut.
Die Lyra Connoisseur 4-2 P SE Phono ist klassisch diskret aufgebaut. Bei der Bauteileauswahl ist Lyra sehr eigen und verwendet teilweise exotische und damit auch teure Bauteile. Die Wahl bestimmter Bauteile ist sicher auch ein klangentscheidender Faktor. Leider bedeutete dieser auch das Aus für die Lyra Connoisseur, die nicht mehr angeboten ist. Einige der klangrelevanten Bauteile sind aufgrund der EU RoHS Richtlinie nicht mehr verfügbar und drüfen nicht mehr in den Handel gebracht werden. Lyra gibt an, für die entstandenen Lücken keinen adequaten Ersatz mehr gefunden zu haben.
Der Markt für diese Phono dürfte allerdings ohnehin nicht gross gewesen sein. 25.000 EUR für eine Phonovorstufe sind doch ganz schön happig. Und nein: auch wenn das ein oder andere Bauteile viele Euros statt weniger Zehntelcent gekostet haben mag, mit einem Blick ins Innere des Gerätes kann man den Preis nicht erklären. Eher mit einem hohen Entwicklungsaufwand, der dann nur auf eine Handvoll Käufer umgelegt werden muss. Gleiches gilt für Aesthetix und Clearaudio, die ihrerseits mit 22.000 EUR und 21.000 EUR ähnlich schwer ins Kontor schlagen.
Bild 1: Kurze Erläuterungen zum Gehörten vom Redakteur.
Bild 2: Die verstärkende Elektronik von Audio Research und Ayre gab den adäquaten Spielpartner für das analoge Frontend und die TAD-Lautsprecher.
Bild 3: Das Modell Reference One von TAD ist mit seinem Beryllium-Koax einer der Topend-Passivlautsprecher am Markt.
Bild 4 und 5: Auch das Laufwerk LP12 von Linn, und noch mehr das aktuelle MC-System Kleos von Lyra gehören jeweils in die Oberliga ihrer Gattung.
Für den Klangvergleich wurde titelweise zwischen den drei Phonopres umgeschalten. Das erste was hierbei in den Sinn kam, war eine Erkenntnis, wie schon beim 2010er Lautsprechervergleich: Gleicher Preis, gleiche Klangpunkte, ist nicht gleichbedeutend mit gleichem Klang, ja nicht einmal mit gleicher Klangqualität. Die Unterschiede waren zumindest an der hier angeschlossenen Kette (s. Bilder oben) recht deutlich.
Beim Umschalten von der Clearaudio auf die Lyra öffnete sich der Raum, das Klangbild erhält Atmosphäre und die einzelen Instrumente wirkten nun luftig authentisch. Das Ganze wird zudem mit einem insgesamt höherem Auflösungsvermögen und mikro- wie makrodynamisch feinerer Abstufung garniert. Der bei der Clearaudio noch sehr asketische Grundton, wird bei der Lyra nun deutlich substanzieller und wärmer dargestellt. In einer der hinteren Reihen sitzend, war mir das dann sogar schon ein wenig zuviel. Zudem hätte der Bass noch etwas trockener und stabiler spielen können. Das mag aber auch durch den Raumeinfluss bedingt gewesen sein und sich in der Schallschnelle sitzend anders angehört haben.
Die Aesthetix ging im Tief- und Grundton dann schon zu füllig und wohlig warm zu Werke, fast so als ob sie hierdurch auf ihre Röhrenverstärkung hinweisen wollte. Zudem rauschte sie deutilch mehr als die beiden anderen Kandidaten und kam hinsichtlich der Feinauflösung nicht ganz an die Lyra heran.
Ein Stück von Elvis untermauerte die ersten in der Kürze gewonnenen Eindrücke: Die Clearaudio ist tonal eher heller, mit dünnem Grundton, flacher Bühnendarstellung und wenig Klangfarben. Die Musik wirkt dynamisch wenig differenziert, der Vortrag unbeteiligt. Die Aesthetix ist tonal das Gegenstück hierzu. Sie spielt sehr voll, grundtonstark, rythmisch, mit guter Makrodynamik und löst besser auf. Die Lyra kann da sogar noch einen drauf legen und spielt zudem tonal neutraler.
Bei Wagners Tannhäuser wurde das Analogfrontend nun voll gefordert. Die Unterschiede der Phonovorstufen blieben aber die gleichen: Beim Umschalten von der Clearaudio auf die Aesthetix tat sich eine ganz andere Welt auf. Die Wiedergabe gewann deutlich an Auflösung und Dynamik. Hierdurch erhielt der Tannhäuser erst jene innere Spannung, Dramatik und letztlich auch Abbildungsgrösse, die auch einen Konservenmusikvortrag anrührend und authentisch wirken lässt. Bei der Lyra erreichte der Vortrag aber erst jene Qualitäten, die ich mit Highend verbinde: Neutraler als die Aesthetix, und damit auch glaubhafter; zudem noch klarer und hochauflösender, luftig und mit gutem Timing erzeugte die Lyra eine faszinierend realistische Darstellung der Musik.
An dieser Stelle muss man Stereoplay einmal danken: Die Vorführanlage war wirklich über alle Zweifel erhaben. Der Vergleich hochinteressant. Und auch wenn man damit die Untauglichkeit des eigenen Punkte-Bewertungsystems offenbarte, hatte man den Mut, das Auditorium nach seiner Einschätzung zu fragen - samt Rangordnung der drei Geräte zueinander. Das Ergebnis war insofern eindeutig, als dass niemand die Clearaudio in der Nähe der beiden anderen Phonopres einschätzte. Zwischen der Aesthetix und der Lyra kam es nahezu zu einer Pattsituation hinsichtlich der Anzahl ihrer Fürsprecher. Für mich war die Lyra Connoisseur klar die beste Phonovorstufe in diesem Vergleich. Wer also noch eine nicht RoHS-konforme Connoisseur im Hifirack stehen hat, kann sich glücklich schätzen.