Es liegt wirklich schon bis zum Messebericht der High End 2005 zurück, dass ich etwas über den deutschen Vollsortimentierer Lindemann geschrieben habe. Und das liegt wirklich nicht mangelnder Qualität der Prrodukte, sondern einfach an der Tatsache, dass bei der Weiterentwicklung meines Geräteparks nie ein Produkt ob seines Konzeptes oder eines besonderen Preisleistungsverhältnisses aufgedrängt hätte. So hätte mich der damalige 820 SACD-Player schon gereizt. Der Kaufpreis von 10.000 EUR wirkte glücklicherweise so abschreckend, dass das Thema schnell als erledigt abgehakt werden konnte. Im Nachgang eine gute Entscheidung hinsichtlich der Schnellebigkeit digitaler Quellgeräte. So bietet der neue 825 zwar keinen regelbaren Analogausgang mehr, was in jedenfall wieder eine Vorstufe in der Kette notwendig macht, bietet aber einen USB-Anschluss und verarbeitet Signale bis zu 192kHz Samplingfrequenz. Heute auch in der Billigklasse Selbstverständlichkeiten, in 2005 waren diese Features noch Mangelware.
Bild 1: Schicke und moderne Anlage mit 825 CD-Spieler und Apfel-PC an 885 Vollverstärker umringt von der kleinen Birdland BL-10 Lautsprechern.
Bild 2: Der CD 825 (links) kann auch als USB-DA-Wandler dienen, der 885 (rechts) ist ein klassischer vollsymmetrischer Stereovollverstärker.
Bild 3 und 4: Die BL-10 ist der kleinste Lautsprecher der Birdlandserie.
Schön zu sehen, dass es bei Lindemann auch in Bezug auf langlebigeren Hifis - wie der Gattung der Passivlautsprecher - Neuerungen zu vermelden gab. Und so möchte ich mich auf hier auf den kleinen Zweiwegelautsprecher Birdland BL-10 konzentrieren.
Positiv fällt sofort das moderne schnörkelose Design auf. Trotzdem ist die kleine BL-10 nicht einfach eine Allerwelts-MDF-Kiste. Insbesondere beim Gehäuse hat sich Lindemann etwas Besonderes einfallen lassen: Wie man auch auf dem Bild 3 unten sieht, bestehen die Gehäusewände aus einem Sandwich aus Sperrholz, Kork, Sperrholz und Linoleum. Diese Paarung von Materialien mit unterschiedlicher Eigenresonanz und den dämpfenden Eigenschaften von Kork und Linoleum dürfte eine hohe innere Dämpfung und gute Schalldämmung der nach innen abgestrahlten Schallanteile nach aussen bieten. Zudem bietet das Linoleum eine besondere Oberflächeanmutung, wie man sie auch von modernen Möbeln her kennt.
Bild 1 und 2: Sowohl Tiefmitteltöner als auch der Hochtöner sind berührungssicher hinter Gitter. Im Falle des Hochtöners hat die Linse aber auch akustische Bedeutung und wird wahrscheinlich das Abstrahlverhalten unter Winkel messteschnisch schöner aussehen lassen.
Bild 3: Der Gehäusesandwich von innen nach aussen: Sperrholz, Kork, Sperrholz und Linoleum.
Bild 4: Auch wenn das schicke und erfreulich unprotzige Design darüber hinwegtäuscht: Für den Wert dieser Stereoanlage erhielte man auch einen Mittelklassewagen.
Auch der Rest des Birdlandkonzeptes klingt durchdacht: Die Accuton Keramikkalotten von Thiel und Partner sind mittlerweile leichter zu beschalten und werden daher auch gerne von zahlreichen anderen Anbietern verwandt. Die Keramik beschichtete Magnesiumkalotte mit der spacigen Diffusorlinse ist relativ neu und stammt vom Neu-Ulmer Spezialisten LPG. Für die Frequenzweiche verwndet Lindemann Kupferfolienspulen und Hochtonkondensatoren der MR Serie von Clarity Caps - Bauteile die ich aufgrund ihrer geringen Signalbeeinträchtigung selber auch gerne verwende.
Zu guter Letzt sind die schicken, aber nicht sehr massiven Edelstahlständer, über Keramikkugeln und Holzelemente gegen Trittschall ent- und angekoppelt; sowie die Innenverdrahtung und die Reinkupfer-Terminals kryogenisch behandelt. Nun ja, eher etwas fürs gute Gewissen, aber auch nicht nachteilig.
Die hochwertigen Bauteile und das offenbar durchdachte Gesamtkonzept schürten also hohe Erwartungen an das akustische Ergebnis.
Und diese wurden auch nicht enttäuscht: Beginnend mit leichter Kost - einem harmlosen Jazz Trio - zeigte die BL-10, dass sie auf jedenfall schon einmal nichts falsch macht. Und das ist wirklich als Kompliment gemeint. Gerade die High End ist ja dazu angetan reihenweise Testsieger und anderweitig gehypte Topprodukte zu entzaubern. Da treten bei kurzem Hinhören schon grobe tonale Fehler zu Tage, Verzerrungen entstellen Stimmen und Instrumente und Bühnendarstellung will auf keinem Hörplatz entstehen. Nicht so bei der BL-10. In den kleinem Hör-Vorraum wollten mir beim ersten mir unbekannten Titel überhaupt keine ernsthaften Fehler auffallen. Innerhalb ihrer physikalischen Grenzen spielte die BL-10 neutral, hochauflösend und schön luftig auf.
Mit dem Singer Songwriter Dennis Kolen ging es genauso entspannt weiter. Stimme und Gitarre wurden substanziell und mit kräftigem Grundton in den Raum gestellt. Das gesamte Klangbild blieb hierbei immer gut aufgelöst, klirrarm und luftig.
Nachdem das bisher gespielte Musikmaterial auch keine grösseren Herausforderungen an kleinere Lautsprecher stellt, diese eher hinsichtlich ihrer Abbildungsmöglichkeiten in kleinen Räumen begünstigt, habe ich zuletzt noch mit dem unaudiophil produzierten Trombone Shorty Trompeten-Jazz-E-Gitarren-Pop nachgefüllt. Aber auch vor der teils schrillen Trompete wollte die BL-10 nicht einknicken. Die Abbildung gelang scharf umrissen und fehlerfrei. Was bei dieser Scheibe noch auffiel, war die erstaundlich substanzielle und druckvolle Basswiedergabe. Obwohl es sich sich bei allen Birdland-Modellen um Bassreflexkontruktionen handelt, kamen auch bei der BL-10 Bassdrum-Kicks sauber konturiert und trocken. Aber dass Herr Lindemann seiner BL-10 den leider andernorts häufig zu hörenden aufgedickten Oberbass verpassen würde hatte ich nach der rundum gelungenen Vorstellung ohnehin nicht erwartet.
Prinzipiell also eine sehr gelunge Kompaktbox, die dann leider doch einen kleinen Schönheitsfehler hat: In ihrer Grössenklasse gehört die BL-10 definitiv zu den besseren Lautsprechern; für 7.000 EUR pro Paar hat sie aber einige sehr starke Wettbewerber zu fürchten.